Wir beschäftigen uns gerade mit Fussball, oder auch nicht mehr, mit Inflation, Strompreisen und einem Krieg in der Nähe. In diesem Umfeld denken sich vielleicht die Politiker, jetzt können sie ihre Überwachungsphantasien umsetzen. Sie treiben Sachen voran, die freie Rede, Privatsphäre etc. komplett beenden. Zumindest im digitalen Raum, aber auch im öffentlichen.
Ich könnte im Moment den ganzen lieben langen Tag recherchieren und schreiben. Nur leider kann ich davon nicht leben, auch wenn mein Herz an diesen Themen hängt. Daher hier nur kurze Zusammenfassungen mit Links zu mehr Informationen.
Gute Nachrichten
Apple trennt sich🇬🇧 von seiner Bilderüberwachung auf dem iPhone. Da sieht man mal, was ein paar Datenschützer und die Zivilgesellschaft erreichen können, wenn Sie Druck machen.
We have further decided to not move forward with our previously proposed CSAM detection tool for iCloud Photos. Children can be protected without companies combing through personal data, and we will continue working with governments, child advocates, and other companies to help protect young people, preserve their right to privacy, and make the internet a safer place for children and for us all.”
Übersetzt:
„Wir haben außerdem beschlossen, unser zuvor vorgeschlagenes CSAM-Erkennungstool für iCloud Photos nicht weiterzuverfolgen. Kinder können geschützt werden, ohne dass Unternehmen persönliche Daten durchkämmen. Wir werden weiterhin mit Regierungen, Kinderanwälten und anderen Unternehmen zusammenarbeiten, um junge Menschen zu schützen, ihr Recht auf Privatsphäre zu wahren und das Internet für Kinder und uns alle sicherer zu machen.“
https://www.wired.com/story/apple-photo-scanning-csam-communication-safety-messages/
Übersetzt von Deepl.com
Schade, dass das die Politiker nicht lesen oder verstehen.
Oder aber Apple wartet darauf, dass die Gesetzgeber das verlangen und kann dann sagen: „Wir wollten ja nicht, aber die Gesetze…“. So machen sie es auch in China.
Außerdem hat Apple angekündigt, nur angekündigt, die Ende-zu-Ende Verschlüsselung für iCloud zu erweitern. Was im Gegensatz zu allen Vesuchen der EU steht, das aufzuheben. Aber warten wir ab, wie Apple das umsetzt. Sie wollten es schon mal und haben es dann immer wieder verschoben.
Außerdem wollen Europaabgeordnete „überwachungsbasierte politische Werbung stoppen„. U.a. steht da:
Internetplattformen soll untersagt werden, anhand persönlicher Daten und Spuren zu entscheiden, wer welche politische Werbung zu sehen bekommt. Diese Algorithmen radikalisieren Debatten bisher.
https://www.patrick-breyer.de/politische-werbung-europaabgeordnete-wollen-ueberwachungsbasierte-politische-werbung-stoppen/
Lobenswert, wenn ich da an Cambridge Analytica denke.
Die EU hat auch entschieden, biometrische Überwachung für ein Social Scoring wie in China nicht zu erlauben.🇬🇧
Schlechte Nachrichten
Gesichtserkennung im öffentlichen Raum
Im selben Atemzug hat die EU es aber nicht verboten, dass Privatunternehmen im öffentlichen Raum Gesichtserkennung verwenden.
Außerdem hat die EU definiert, in welchen Fällen öffentliche Gesichtserkennung erlaubt ist. Die haben es in sich:
So soll laut der Brüsseler Regierungsinstitution automatisierte Gesichtserkennung etwa für die gezielte Suche nach potenziellen Verbrechensopfern oder vermissten Kindern, die Prävention eines unmittelbar drohenden Terroranschlags oder das Erkennen und Identifizieren von Personen ins Spiel zulässig sein, die „schwere Straftaten“ begangen haben.“
https://www.heise.de/news/KI-Verordnung-EU-Staaten-fuer-biometrische-Ueberwachung-im-oeffentlichen-Raum-7368512.html
De facto heisß das: Wenn wir nicht wissen, wo sich ein Schwerverbrecher befindet, schalten wir alle Kameras scharf. Wenn wir nicht wissen, wo ein vermisstes Kind grob sein könnte, schalten wir alle Kameras scharf. Es ist ja zum Schutz der Kinder, um der deren Leiden nicht zu verlängern. Steht jemand auf der Terrorliste (und da stehen immer welche drauf), dann schalten wir einfach alle Kameras scharf. Die Länder und Politker werden immer einen Grund finden, die Kameras mit Gesichtserkennung zu aktivieren. Und während sie das tun, können sie auch gleich die Emotionen in den Gesichtern lesen und eingreifen, wenn jemand Mordgelüste ausstrahlt oder deprimiert ist. Das Ganze kann enorme Auswirkungen haben.
Dabei gibt es mehrere Berichte über hohe Fehlerraten bei Gesichtserkennung. Vor allem wird sie viel schlechter, wenn Masken getragen werden. Möglicherweise ist das der Grund, warum Bayern so schnell wie möglich die Maskenpflicht loswerden wollte. Alle Menschen sind per Definition verdächtig. Von Geburt an. Jeder ist ein potenzieller Kinderschänder, Mörder oder Terrorist. Also müssen wir alle überwachen. Das Menschenbild der Politiker, ist mit Verlaub, zum Kotzen.
US-Forscher: Schutzmasken erhöhen Fehlerquote bei Gesichtserkennung
Wales: Fehlerrate bei Gesichtserkennung von Menschenmassen liegt bei 92 Prozent
Gesichtserkennung markiert Tausende versehentlich als Kriminelle
Es geht um Überwachung, nicht um die Lösung von Kriminalfällen. Bei diesen Fehlerraten ist das Suchen nach Kriminellen mittels Gesichtserkennung die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Weiter im Text.
Vorratsdatenspeicherung, Version 95876981
Die Innenminister der Länder und Frau Fäser wollen es einfach nicht wahrhaben. Es ist schon spannend zu sehen, dass es völlig egal ist, ob jemand aus der CSU oder SPD Innenminister ist, alle wollen uns komplett überwachen und die Menschenrechte mit Füssen treten. Sie halten uns alle für kriminell. Menschenrechte sind völlig egal.
… hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser erneut die anlasslose Speicherung von IP-Adressen aller Bürgerinnen und Bürgern gefordert und mit dem Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder begründet.“
https://www.patrick-breyer.de/innenministerkonferenz-fordert-anlasslose-internet-massenueberwachung/
„Wir müssen Ihre Toilette mit Videokameras ausstatten, da Sie dort ein Kind misshandeln könnten.“ So ticken die. Unfassbar.
Mit dieser Maßnahme, die immer wieder von Gerichten gekippt wurde, würde jeder Bürger, 24 Stunden, 7 Tage lang, digital überwacht. Jede Mailverbindung, jede Surfverbindunge, jede Chatverbindung wäre betroffen. Ändern Sie Ihren DNS Server und fangen Sie an, sich mit VPN zu beschäftigen. Ich habe dazu eine Menge geschrieben. Mal sehen, wann sie das verbieten. Denn nur nicht-Kriminelle normale Bürger ohne IT Background werden so gefunden. Kriminelle sind cleverer.
Sie hat nicht kapiert, dass der überwiegende Grossteil der Kinderpornografie im Darknet mit Tor stattfindet. Da hilft diese Massnahme absolut nichts.
Das wäre im Alltag in etwa so, als würden an allen Straßenecken und in allen Gebäuden Personen stehen und notieren, wer vorbei kommt. In Demokratien ist das keine Option.
Patrick Breyer von der Piratenpartei
EUid und eIDAS Verordnung
Was zum Teufel ist das, fragen Sie sich vielleicht. Die EU möchte eine europaweite digitale Identität ins Leben rufen.
Die EU-Länder unterstützen die Initiative der EU-Kommission, dass allen Bürgern und Unternehmen künftig digitale Brieftaschen zur Verfügung stehen müssen. In diesen „E-Wallets“ sollen die Nutzer ihre nationale elektronische Identität (eID) speichern und mit Nachweisen anderer persönlicher Attribute wie Führerschein, Abschlusszeugnissen, Geburts- oder Heiratsurkunde und ärztlichen Rezepten verknüpfen können.“
https://www.heise.de/news/EUid-EU-Rat-stimmt-fuer-Online-Ausweis-mit-eindeutigem-Personenkennzeichen-7368464.html
Ein Tap aufs Handy und bei der Verkehrskontrolle sind Führerschein und Personalausweis verfügbar. Alles in einem Wallet, mit einer eindeutigen Kennzeichnung. Behördern, natürlich, aber auch Banken oder Facebook, Apple und Google können gezwungen werden, diese zu akzeptieren.
Auch „sehr große Plattformen“ wie Facebook, Google & Co. sowie Dienstleister wie Banken sollen verpflichtet werden, den Einsatz der EUid-Wallet auf Verlangen des Nutzers etwa zum Nachweis seines Alters jenseits eigener Login-Dienste zu akzeptieren.“
https://www.heise.de/news/EUid-Online-Ausweise-kommen-EU-weit-Facebook-Co-muessen-sie-anerkennen-6061860.html
Auf Verlangen des Nutzers. Sososo. Die frohen Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Damit ist es bald nicht mehr möglich, anonym im Internet aktiv zu sein. IT-Sicherheitsexperten und auch der Bundesdatenschutzbeauftragte warnen den Bundestag vor der universellen Online-Ausweis-App.
Man kann ja Leute wie mich und andere Datenschutzenthusiasten für Spinner halten, aber sollte man nicht dem Bundesdatenschutzbeauftragten zuhören?
Zu beachten sei aber, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung immer im Spannungsfeld zu staatlicher und privater Identifizierung stehe, die zum Erstellen von Verhaltens- und Bewegungsprofilen missbraucht werden könnte.“
Prof. Dr. Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter
Ich sehe schwarz, aber vielleicht unberechtigt.
1. Glaube ich, kann niemand, keine Regierung und keine Firma, Daten wirklich schützen.
2. Hat jemand, der Zugriff auf die Daten hat, sofort alles auf einmal in der Hand, um eine Identität zu übernehmen. Das ist ein sehr hohes Risiko mit einer kleinen Eintrittswahrscheinlichkeit, aber eben nicht 0.
3. Wie der Zugriff auf die Daten gesteuert wird, dass bspw. Facebook nur mein Alter evaluieren kann und sonst keine Daten sieht, ist mir nicht klar. Bei der elektronischen Krankenakte hat Deutschland das 20 Jahre lang nicht hinbekommen.
Fragen wir die Bürgerrechtsbewegung epicenter.works, was sie dazu sagt.
Die jeweilige Version der Mitgliedsstaaten dieser wichtigen Reform schafft ein gefährliches und unkontrolliertes Umfeld für die sensiblen Gesundheits-, Finanz- und Identitätsdaten aller Europäer:innen.
Die Mitgliedsstaaten haben sich geweigert, den notwendigen Schutz für die Privatsphäre einzuziehen, um dieses System sicher für alle Nutzer:innen zu machen. Eine eindeutige und dauerhafte Kennung, die jede Nutzerin und jeder Nutzer erhält, ermöglicht die Verfolgung und Erstellung von Profilen des Nutzerverhaltens, sei es bei Interaktionen mit verschiedenen Unternehmen oder bei staatlichen Stellen. Jede Nutzertransaktion ist für den Mitgliedstaat zentral beobachtbar, sodass eine panoptische Sicht auf alle Lebensbereiche entsteht. Böswillige Akteure haben nichts zu befürchten, da es keinen wirksamen Mechanismus gibt, um gegen kriminelle oder betrügerische Missbräuche des Systems vorzugehen – insbesondere in grenzüberschreitenden Fällen.“
Bürgerrechtsbewegung epicenter.works
Doch nicht nur das. Durch die Monopole wie Facebook oder Google können diese fordern, dass Sie die Webseiten und Dienste (z. B. WhatsApp oder Android) nur noch mit Zugriff auf dieses Wallet nutzen dürfen. Damit sind sie eindeutig, weltweit überall, bei jedem Internetzugriff identifizierbar. Nicht nur für Behörden. Daraus können wiederum Profile erstellt werden, die dann wiederum monetarisiert werden können. Wie ich diese Firmen sehe, werden sie alles versuchen um an diese Daten zu kommen. Sie kennen keine Skrupel und Gesetze und es gibt keine Regulierung, die sie daran hindern wird.
Chatkontrolle
Sie treiben es immer weiter voran, gegen alle Widerstände, gegen jede Studie, die besagt es hilft nichts für den Zweck, den es erreichen will. Die Arbeit, dies umzusetzen, hat letzte Woche begonnen. Ich habe soviel darüber geschrieben, mehr Beweise habe ich nicht gefunden. Aber: Es gibt auch in anderen Ländern und Regionen derartige Bestrebungen.
Die Briten treiben das bei sich voran und sind schon viele Schritte weiter. Dort nennt sich das „Online Safety Bill“ und zwei Lesungen haben sie schon hinter sich. Dabei geht es nicht nur um Kinderpornografie sondern um alle schädlichen Inhalte. Doch das wurde in der letzten Lesung abgeschwächt.
Wenn ein Provider die geforderten Inhalte der Kommunikation nicht oder nur verschlüsselt liefern könne, stellt das laut Artikel 93 (4) der „Online Safety Bill“ eine Straftat dar.“
https://fm4.orf.at/stories/3029461/
Damit kann kein Anbieter mehr Zero-Knowledge-Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten. Was sie anbieten können, ist Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, aber die Schlüssel liegen beim Anbieter und können jederzeit von Regierungen eingesetzt und von anderen missbraucht werden. Und nochmal: Keiner, niemand, schafft es, unsere Daten wirklich zu schützen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Schlüssel und Daten im Darknet verfügbar sein werden.
Auch die USA arbeiten daran, dort heisst es: EARN IT Act. Daran verdienen werden wohl nur die grossen Firmen und die Spender und Spendenempfänger in den USA. Dort wird in dem Text, der sich echt zäh liest, indirekt ein Generalschlüssel für alle verschlüsselte Kommunikation gefordert. Anders sind die Anforderungen nicht umzusetzen.
Es ist beeindruckend, dass alle diese Vorhaben sehr zeitgleich, mit sehr ähnlichen Zielen und Formulierungen kommen. Die EU könnte das ohne die USA nicht umsetzen, da Apple und Google nicht einfach so gezwungen werden könnten. Könnten sie schon, aber wir wollen uns mit denen nicht anlegen. Womit sollte die EU drohen? Da die Engländer und Amerikaner im Five-Eyes System sowieso gemeinsam vorgehen und GCHQ und NSA sehr eng sind, fehlt nur noch die EU. Es wird meiner Meinung nach eine konzertierte Aktion geben, bei denen alle drei das sehr schnell hintereinander umsetzen. Dann Gnade uns Gott.
Der ORF schreibt:
Was in Europa „EU-Centre gegen Kindesmissbrauch“ heißt, nennt sich in den USA „Independent Research“, die beide keine polizeilichen, sondern zivile Instanzen sind. Bei diesen Zivilpersonen sollen nämlich die Rohdatensätze landen, die von den KI-Algorithmen als verdächtig eingestuft werden und erst „bereinigt“ werden müssen. Gerade solch hochkomplexe KI-Anwendungen produzieren in der Praxis nämlich neben echten weitaus mehr falsche Treffer, die aussortiert werden müssen: Familienfotos vom Urlaub am Strand, Szenen von Jugendsportveranstaltungen, Ferienlagern usw.“
https://fm4.orf.at/stories/3029461/
Fazit: Digitaliserung heisst für unsere Volksvertreter (wenn ein Staubsaugervertreter Staubsauger verkauft, was verkauft ein Volksvertreter?) also nur eines: Die Überwachung voran zu treiben. Wären sie doch nur bei allen anderen digitalen Diensten so energisch und würden diese bieten, wie bei den Menschenrechts-aufhebenden Aktionen.
Auf der anderen Seite spare ich mir in Zukunft meine Smartphones, weil ich keines verwenden werde, wenn es soweit ist.