Motivation

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete am 2.11.2015 Daten als „Rohstoffe des 21. Jahrhunderts„. Und weiter: „Hier müssen wir jetzt aufpassen, dass der Datenschutz nicht die Oberhand über die wirtschaftliche Verarbeitung gewinnt“.

Dieser Satz ist aus meiner Sicht in vielerlei Hinsicht falsch. Nehmen wir an Sie hat Recht. Dann ist Google Saudi-Arabien, Amazon Russland und Facebook Venezuela. Vielleicht hat Frau Merkel ja doch Recht.

Rohstoffe, wie Öl, gehen irgendwann zu Ende. Sie können nur einmal verwertet werden. Daten können Millionen mal kopiert und verarbeitet und neu aggregiert werden. Im Prinzip unendlich. Eine wachsende Anzahl von Menschen, die Daten erzeugen sowie mehr Möglichkeiten, Daten zu erzeugen, z. B. mit den Internet oft Things lässt in der nahen Zukunft die Quellen nicht versiegen.

Jedoch hatte Sie, wahrscheinlich ungewollt, mit einer Sache Recht: Sie sind und werden noch mehr ein wichtiger oder der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Was Sie jedoch verschwiegen hat: Sie, liebe(r) Leser*In, sind die Ölquelle. Sie werden ausgebeutet. Wie die Erde wird Ihnen das nicht mitgeteilt, Sie werden nicht gefragt und es wird alles versucht, damit Sie nichts davon mitbekommen. Und das ist legal. Und selbst wenn es illegal wäre, Firmen wie Facebook oder Google und andere stehen laut Carol Cadwalladr mittlerweile über dem Gesetz. Das letzte Beispiel ist das Urteil des EUGH zum Datenabkommen (hier fehlt bewusst der Teil „Schutz“) mit den USA. Kein Datenschützer, kein Staat, kein Unternehmen hat für dieses Urteil gesorgt. Ein kleiner Verein in Österreich mit einem jungen Anwalt hat wiederholt gegen die Goliaths gewonnen. None of your business (noyb) hat das getan, was eine Regierung in einem demokratischen, rechtsstaatlichen Land eigentlich tun sollte: Seine Bürger schützen. Und doch geht der Transfer aller möglichen Daten ungehindert weiter. Keine Regierung scheint das zu interessieren. Und auch die Medien halten sich mit der Antwort auf die Frage: Wie geht es jetzt weiter? sehr zurück. Schließlich sind auch die Medien an Ihren Daten interessiert. Sie sehen in dem Sammeln, Verarbeiten und Verkaufen Ihrer Daten ihr einziges, letztes Geschäftsmodell. Sie klagen gegen alle Vorhaben der EU den Datenschutz zu erhöhen und ich möchte nicht wissen, wieviel Lobbyarbeit sie dafür aufwenden.

Ihre Daten werden verarbeitet, aber nicht einmal, wie bei Öl, sondern so oft es den Techunternehmen gefällt. Quantencomputer, Blockchain, Künstliche Intelligenz und noch unbekannte zukünftige Technologien bieten immer neue Möglichkeiten, diese Daten zu verbinden, Profile zu erstellen, sie auszuwerten und alles neu zu verkaufen. Investment-Banker, die komplizierte, verschachtelte Produkte immer wieder neu erstellen und die man zu der Finanzkrise in 2008 beigetragen haben, träumen von diesen neuen Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet. 

Ein ewiger Kreislauf. Besonders weil die Daten im Internet für immer und ewig existieren. Was Sie heute sagen, kann in 20 Jahren gegen Sie verwendet werden. Öl ist verbrannt und befindet sich als CO2 in der Atmosphäre. Ihre Daten liefern immer neues Einkommen.

Es gibt drei Gruppen von Angreifern Ihrer Privatssphäre die nicht wollen, dass Sie digital untertauchen:

  • Unternehmen 
  • Staaten
  • Kriminelle

Unternehmen wollen Ihre Daten um damit Werbung zu verkaufen und Geld zu verdienen. Die Dimensionen sind enorm. Siehe Kapitel 3 Mythen, Zahlen, Fakten.

Der Staat will Sie überwachen. Am liebsten würde er in jeder Sekunde von jedem Bürger wissen, was er tut, wo er es tut, wie er es tut und warum er es tut. Offen kann das in einem Rechtsstaat niemand sagen. Aber die Trends sind, trotz Snowden, klar. Auch Deutschland greift immer mehr in die Privatssphäre ein. Die Regierung genehmigt sich Zugriff auf Passwörter und arbeitet aktiv daran, die Verschlüsselung auszuhöhlen. Sie sollen keinen Freiraum (freien Raum, privaten Raum) mehr haben. 

Die Kriminellen wollen meist einfach Ihr Geld. 

Was immer mehr zu sehen ist ist, dass diese drei zusammenarbeiten, gegen Sie. Die Corona-Warn-App funktioniert auf Android Geräten nur, wenn die Google Play Services Daten absaugen. Die Regierung kauft Daten-CDs von Kriminellen. 

Die Methoden um sich gegen diese drei zu schützen sind oftmals dieselben und manchmal radikal. Wenn Sie sich gegen Datensammelei schützen, dann bekommen die Firmen weniger Informationen für Werbung aber auch die Hacker weniger Informationen, wie Sie angreifbar sind und der Staat weniger Möglichkeiten Sie zu überwachen. 

Auf der anderen Seite habe ich in diesem Buch auch Mechanismen beschrieben, die vor allem gegen Schäden von Kriminellen helfen, zum Beispiel Backups auszuführen, die Sie vor Ransomware schützen. 

Alles zusammen ist für mich digitales Untertauchen. Wer Sie nicht sieht, kann Sie nicht beschreiben. Wer nicht weiss wo Sie sind, kann Sie nicht verfolgen.

Manches mag Ihnen extrem erscheinen, das ist gewünscht. Sie sollten nichts einfach blind befolgen oder umsetzen, sondern sich Gedanken machen, was für Sie passt. Das Extrem nichts zu tun, muss ich nicht weiter beschreiben. Das ist der Normalfall. Was im Extremfall zum Untertauchen möglich ist, vielleicht auch nötig, zeigt Ihnen Optionen auf. Dazwischen ist alles möglich und das ist, was Sie für sich definieren müssen. 

Stellen Sie sich die Situation eines Politikers vor, der sich gegen Radikale ausspricht und Gesetze verschärfen will. Oder stellen Sie sich Schauspieler oder Sportler vor, die im Mittelpunkt stehen und vielleicht nicht Deutsch aussehen. Oder eine Frau im Frauenhaus, die vor Ihrem Peiniger geflohen ist. Oder einen Vorstand, der sich gegen Wirtschaftsspionage schützen muss oder als Leiter eines Rüstungskonzerns  oder eines Pharmaunternehmens, das Tierversuche durchführt, bekannt ist. Oder einen Staatsanwalt, der gegen die Mafia, gegen ein Klan oder Terrorgruppen Untersuchungen durchführt. Oder einen Richter, der in einem derartigen Fall entscheiden muss. Zu guter Letzt profitieren auch Whistleblower davon, wenn Sie digital untertauchen können. Siehe Edward Snowden.

Alle diese Menschen haben vielleicht das Bedürfnis, nicht vollständig transparent zu sein. Das nicht alles aus Ihrem Leben bekannt wird, egal wie legal oder moralisch korrekt sie sich verhalten haben. Sollen diese Menschen auf das Internet verzichten? Dürfen Sie kein Handy haben, weil sonst ihr Leben in Gefahr ist? 

Zu all diesen Punkten gab es schon Vorfälle, es ist nicht erfunden oder nur theoretisch möglich. 

Das ist das andere Extrem, dass ich immer wieder thematisieren werde.

Ziel ist, Ihnen das Mögliche zu zeigen. Die Aufwände und die Vorteile. Nicht bei jeder vorgestellten Thematik lohnt es sich für Sie. Aber vielleicht für Ihren Partner, Ihre Kinder oder andere. Eines ist mir aber wichtig: Egal wie Sie sich entscheiden, tun Sie es bewusst. Gehen Sie bewusst die Risiken ein, investieren Sie bewusst Geld und/oder Zeit um sich besser zu schützen. 

Das Fazit deshalb ist: Niemand, wirklich niemand, hat ein Interesse daran, Ihre Daten zu schützen. Die Politik will es nicht, aus fadenscheinigen Begründung: Schutz vor Terrorismus oder Kinderpornografie. Aber sie macht auch an anderer Stelle fleissig mit: Die Daten des Einwohnermelde-amts werden verkauft. Und Sie können nichts dagegen tun. Dazu zählen auch die zahnlosen Datenschützer. Die Medien werden Ihnen auch nicht helfen, denn sie wollen daran profitieren, auch wenn das Geschäftsmodell fragwürdig ist. Wie das Beispiel NPO, eine Online Zeitung, zeigt, geht es auch anders. Und die meisten Unternehmen wollen Sie auch nicht schützen. Bleiben Vereine wie noyb, Digital Courage und andere. Doch diese haben nicht die Bandbreite, Finanzierung oder das Personal und schon gar nicht die politischen Möglichkeiten, jeden einzelnen zu schützen. Und wie das EUGH Urteil zeigt: Selbst wenn sie einen grossen Sieg erringen, scheint das nichts zu ändern.

Es bleiben nur Sie, liebe(r) Leser*In. Nur Sie können diesem Missbrauch Einhalt gebieten und zumindest ein bisschen Einfluss darauf nehmen und gleichzeitig das Risiko eines erfolgreichen Kriminellenangriffs reduzieren. Mir geht es nicht darum, Ihnen zu sagen: Verschlüsseln Sie Ihre Emails, meiden Sie die Datensammelkraken usw. Mein Ziel hier ist es, Ihnen aufzuzeigen, welche Methoden und welche Daten wie gesammelt werden, was Kriminelle ggf. mit diesen Daten anfangen und was Sie dagegen tun können, wenn Sie das nicht wollen.

Am Ende habe ich mein Ziel erreicht, wenn Sie sich in der Lage fühlen, einen bewussten Entscheid zu treffen, wie Sie mit dieser Situation umgehen wollen. Ich kenne gut informierte Menschen, die die Entscheidung treffen, dass Ihnen der Komfort der Anwendungen und Möglichkeiten wichtiger sind als der mögliche Schaden, der dadurch entstehen kann. Das ist für mich in Ordnung. Für mich nicht in Ordnung ist, sich erst gar keine Gedanken zu machen und alles so hinzunehmen. Zumal nicht mit der Deutschen Geschichte, die wir teilen. Dazu empfehle ich Ihnen ein Buch: NSA-Nationales Sicherheitsamt von Andreas Eschbach. Was wäre passiert, wenn Hitler 1942 die technischen Möglichkeiten von Facebook und Google gehabt hätte?

Dieses Buch hier ist nicht so geschrieben, dass Sie es von vorne nach hinten, Kapitel für Kapitel durchlesen müssen. Sie können sich ein Thema, z.B. Email heraussuchen und dann nachlesen, wie Sie getrackt werden und wie Sie es, wenn möglich, stoppen oder zumindest einschränken können. 

Vieles in diesem Buch ist aus meinen persönlichen Erfahrungen entstanden und ich bin mir bewusst, dass es an vielen Stellen andere Lösungen gibt und Sie vielleicht denken werden: Wieso nicht dieses Tool? 

Es gibt viele Plattformen und dafür unterschiedliche Lösungen. In diesem Buch stehen die Konzepte im Vordergrund und es gibt Beispiele und Empfehlungen von mir. Wo nötig und sinnvoll beschreibe ich Schritt für Schritt Einstellungen an einem System mit einer Software. Doch das entbindet Sie nicht der Pflicht, sich selber zu informieren, Gedanken zu mache und zu entscheiden.

Entscheiden Sie, was Sie benötigen und wollen und womit Sie gut schlafen können.