Was macht einen Überwachungsstaat aus?

Eigentlich schäme ich mich, diese Frage als Titel zu verwenden. Gerade Deutschland, gerade wir, sollten es wissen. Und sollten wissen, uns erinnern, wie es bis 1990 war. Die DDR war ein Überwachungsstaat. War das sicherer, schöner, besser als heute? Manche sagen ja. Viele aber nicht. Trotzdem scheinen wir Überwachung zu wollen, schlimmer als George Orwell sich das hätte träumen können. Damals war es mehrheitlich analog.Heute digital. Analog ging gar nicht. Digital aber umso mehr? Verstehe ich nicht.

Also: Was macht einen Überwachungsstaat aus? Privacy International, ein gemeinnütziger Verein in England (die Webseite ist wirklich spannend und interessant, auch wenn Sie mehrheitlich auf Grossbritanien ausgerichtet ist), hat 12 Parameter beschrieben, die einen Überwachungsstaat ausmachen. Schauen Sie selbst, ob Sie der Meinung sind, dass die Punkte zutreffen oder nicht und wie es im Vergleich dazu in der ehemaligen DDR war.

  • Ein Überwachungsstaat ist ein Staat, der Überwachung als Lösung für komplexe soziale Probleme ansieht.
  • Ein Überwachungsstaat sammelt Informationen über jeden, ohne Rücksicht auf Unschuld oder Schuld, und gibt vor, dass es sich nicht um Überwachung handelt.
  • Ein Überwachungsstaat definiert heimlich Gesetze und die Sprache des Gesetzes.
  • Ein Überwachungsstaat überwacht sowohl Bedrohungen des staatlichen Interesses als auch Bedrohungen seiner Überwachungspraktiken.
  • Ein Überwachungsstaat vermeidet demokratische und gerichtliche Genehmigungen und Kontrollen.
  • Ein Überwachungsstaat untergräbt die persönliche und wirtschaftliche Sicherheit und alle anderen sozialen Ziele, um sein Ziel zu erreichen: was auch immer in den Überwachungsinteressen des Staates ist. Als solcher sieht der Überwachungsstaat nur das Gleichgewicht zwischen seinen Bedürfnissen und unseren selbstsüchtigen individuellen Wünschen.
  • Ein Überwachungsstaat agiert unter dem Schleier der Geheimhaltung und erschafft Monster aus denjenigen, die über ihn diskutieren, ihn verstehen oder ihn informieren wollen.
  • Ein Überwachungsstaat vertritt den privaten Sektor, indem er den Zugang zu den Datenspeichern von Unternehmen erzwingt, dann die Industrie dafür bezahlt, seine Kontrollsysteme zu betreiben, und sogar unsere Informationen an die Industrie verkauft, als ob sie dem Staat gehören würden.
  • Ein Überwachungsstaat ist inkompetent und verlässt sich auf Technologien und Daten mit inhärenten Beschränkungen. Er definiert Kriminelle und Terroristen fälschlicherweise mit wenig Recht auf Wiedergutmachung, er diskriminiert und grenzt aus.
  • Ein Überwachungsstaat kann nicht in Frage gestellt werden, weil er das Wissensmonopol besitzt. Er kann nicht überwacht werden, weil er kontrollieren kann, was offengelegt werden darf.
  • Der Überwachungsstaat wird sich mit einer Rhetorik der Angst verteidigen. Und dann werden seine Befugnisse für Zwecke eingesetzt, die weit über ihren Ursprung und ihre Rechtfertigung hinausgehen.
  • Der Überwachungsstaat spielt ein langes Spiel, unabhängig davon, wer oder welche Partei an der Macht ist, strebt er seine eigene Politik an.