Zahlen zum EU Vorschlag der Vollüberwachung

Im Rahmen des Vorschlags der EU, alle Menschen zu überwachen, weil sie potentielle Kinderschänder sind, sind auch viele Daten in den Raum geworfen worden. Dass man bei Politikern vorsichtig sein muss, ist für mich gesetzt, die werden die Daten immer so drehen und wenden, wie es ihnen passt. Dass leider auch ein Grossteil der Medien Daten unkritisch nachgeblökt hat, ohne sie zu verifizieren oder kritisch zu hinterfragen, empfinde ich als Totalversagen der Medien, die sich damit zum Handlager der Politik und Sicherheitsbehörden machen. Als vierte Gewalt im Staate ist deren Aufgabe, die Politik zu hinterfragen und die Bürger korrekt und sachlich zu informieren. Meiner Meinung nach versagen sie dabei mittlerweile oftmals.

Wer meine Säuerlichkeit überspringen und gleich zu den Daten hüpfen will, kann das gerne tun.

Gerade heute habe ich eine Überschrift gelesen: „Wie das Corona Virus in Nord Korea wütet.“ Das hat mich interessiert. Inzidenzen, Tote, Massnahmen, all das hätte mich interessiert. Letztendlich ging es um eine alleinerziehende Mutter, die flüchten konnte und darüber berichtet hat, wie schlecht das medizinische System ist. Hinzu kam der Hinweis, dass SARS-Cov2 dort nur Fieber genannt wird. Mehr gab es nicht. Da hätte es mich wenigstens interessiert, wie die Frau mit ihrem Kleinkind flüchten konnte. Doch das wurde nicht thematisiert.
So etwas, mit Verlaub, kotzt mich an. Ich bin, wieder mal, auf Click Baiting reingefallen. Leider nicht das erste Mal.

Rangar Yogeshwar hat einen ganz wunderbaren Begriff geprägt: Erregungsbewirtschaftung. Anstelle uns Bürger mit Fakten, Fakten, Fakten zu versorgen und Politiker kritisch zu hinterfragen, werden heischende Überschriften gesetzt, die dann mit dem Text nichts bis wenig zu tun haben, aber zu Erregung führen. Denn die meisten aufgeklärten, gut ausgebildeten deutschen Leser lesen mehrheitlich nur noch die Überschriften. Das reicht, um sich eine Meinung zu bilden. Oder dann eben Facebook oder YouTube, wo die “wirklich Kompetenten sitzen, die damit richtig Geld verdienen”. So sagte mir ein Urlauber, den ich auf einer Reise traf, wie er sich vorbereitet hatte. Ich hatte das Land schon fünf Mal bereist, hatte Freunde dort (lokale Einwohner) und die verdienten ihr Geld nicht auf Facebook, daher haben sie von ihrem Land wohl auch keine Ahnung.

Hintergrund

Genug Einleitung, es wird Zeit, zur EU Überwachung aller Bürger, die deutschen Daten sprechen zu lassen. Und zwar die richtigen, und nicht die erregten der Politiker, die zwar korrekte Daten verwenden, sie aber bewusst falsch einsetzen, um ihr Ziel zu erreichen. Das BKA und die Medien spielen willfährig mit.
Alle Daten kann man unter den folgenden Links nachlesen.
https://www.bka.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Kurzmeldungen/220530_PK_KindlicheGewaltopfer2021.html
Dieses Dokument wurde kurzfristig zusammengestellt, um die Initiative der EU mit polizeilichen Daten zu unterstützen.

https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2021/pks2021_node.html
Dieses ist das eigentliche Dokument, das jedes Jahr veröffentlich wird und enthält so ziemlich alle Vergehen, Verdächtige etc. Hier kann man sich tagelang aufhalten. Hätte der ein oder andere Journalist vielleicht besser mal getan.

Grundlagen

Zu allererst müssen wir etwas klären. Es wird im Moment sehr vieles zusammen geschmissen. Das lässt die Zahlen grösser und schlimmer aussehen. Und auch wenn ich jedes Delikt als absolut widerlich empfinde, müssen wir doch genau sein.

  1. Oftmals haben Medien und Politiker von Kindern gesprochen, aber unter 18 jährige gemeint. Ich bin kein Anwalt, aber meiner Erfahrung und meines Wissens nach ist es juristisch ein Unterschied, ob jemand 13 oder 17 ist. Unter 14 gilt ein Lebewesen als Kind, zwischen 14 und 17 als Jugendlicher und mit Vollendung des 18. Lebensjahres als Erwachsener. Das Alter von 14, so wird gerade diskutiert und berichtete mir ein Polizeihauptkommissar, soll ggf. heruntergesetzt werden, weil die Kinder sich schneller entwickeln. Wenn Sie jetzt sagen: Sei nicht so kleinlich, dass ist alles schlimm, dann sehe ich das anders. Für mich macht es einen Riesenunterschied ob ein 17 jähriger seine 17 jährige Freundin oder umgekehrt nackt fotografiert oder eine(r) 60 jährige(r) eine(n) 4 jährige(r). Und wenn es keinen Unterschied machen soll, dann schaffen wir diese Grenze im Gesetz doch einfach ab.
  2. Kinderschänder und -folterer wurden manchmal mit Konsumenten von Kinderpornografie in einen Topf geworfen. Das ist meiner Meinung nach nicht richtig. Natürlich schaffen die Konsumenten einen Markt. Und das ist widerlich. Aber das Vergewaltigen von Kindern empfinde ich als viel schlimmer, als das Anschauen von Bildern. Nicht jeder Kinderschänder stellt seine Taten auch ins Netz.
    Jemand, der sich einen zu schnell fahrenden Autofahrer ansieht, der einen Unfall mit Todesfolge verursacht, ist auch kein Raster und gefährdet andere. Ich denke auch, dass das rechtlich nicht absolut gleich behandelt wird, aus meiner Ansicht nach zu Recht.

Haben wir die Definitionen hinter uns. Das war mir aber wichtig.

Ich warne schon mal vor. Es geht um viele Zahlen.

Die Zahlen

Fangen wir damit an, dass uns die Politik glauben machen will, dass die Misshandlungen an Kindern (also unter 14) massiv zunehmen. Die Gesamtzahlen von Misshandlungen (versucht und erfolgreich, das wird getrennt) an Kindern sind gesunken, zwischen 2020 und 2021, um 1,7%. Von 4542 auf 4465. Schaut man sich die Zahlen von 2016 (4237) an, dann sind sie in einem gewissen Rahmen stabil. In fünf Jahren, ca. 5%. Warum das sogar gute Nachrichten sein könnten, kommt später, auch wenn die Zahlen, alles >0, trotzdem sehr bedauerlich sind.

Die Versuche von Misshandlungen sind gestiegen, um 73%, aber auf einem sehr niedrigen Niveau (45 auf 78). Die tatsächlich ausgeführten sind aber, obwohl die Versuche gestiegen sind, gesunken, von 4497 auf 4387. Das bedeutet um 2,45%. Die Versuche, also nicht vollendet, sind im Verhältnis zu den Vollendeten sehr gering. Nicht das ich mehr Versuche möchte, sondern ich möchte weniger Misshandlungen. Jeder Versuch heisst nicht vollendet und das ist zumindest mal ein gutes Zeichen. Natürlich wäre mir am Liebsten: 0 und 0. Trotzdem:
Die Frage, die sich stellt und auf die ich keine Antwort gefunden habe: Mehr Versuche, weniger Erfolge. Woher kommt das? Schaut man sich die Zahlen an, sind sie unterteilt nach unter 14 jährigen und unter 6 jährige. Während die Versuche bei den unter 6 jährigen um fast 7% gesunken sind (32 auf 30), stiegen sie bei den 6-13 jährigen stark an. Kann es sein, dass diese Altersgruppe gelernt hat sich zu wehren? Ich habe in meiner Leichtathletik-Kindergruppe in dem Alter mehrere Mädchen, die Hapkido, Krav Maga oder anderes machen. Nur so eine Vermutung ohne Daten dahinter.

Die am meisten genannte Zahl von Politikerinnen und Medien ist 108%. Also mehr als eine Verdopplung, in nur einem Jahr. Das klingt dramatisch. Hierbei geht es um Herstellung, Besitz und Verbreitung kinderpornographischen Materials (Anzahl der Fälle). Wie der Titel schon sagt, geht es nicht nur um neu erzeugtes Material, für das neue Kinder oder Kinder wiederholt unendlich leiden mussten. Und nochmal: Auch der Besitz und die Verbreitung solchen Materials lässt mich über die Todesstrafe nachdenken, obwohl ich absolut gegen die Todesstrafe bin. Aber es ist etwas anderes, wie oben erwähnt. Die Tabelle detailliert das Ganze weiter auf, anhand von Gesetzes-Paragrafen.

Die “Verbreitung und Herstellung von Kinderpornographie gewerbs-/bandenmässig” ist um 7,7% gestiegen, von 52 auf 56.
Die am meisten wachsenden Zahlen sind die “Verbreitung” (+113%)und “Besitzverschaffung für andere” (+133%) und “Besitz oder sich Verschaffen von Kinderpornographie” (+107%).

Das heisst, die vorhandene Anzahl der Bilder wird schneller und öfter verteilt. Das ist schlimm, schlimm genug, keine Frage. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn die deutschen Behörden bei Wissen über Server die solches Material enthalten, einfach die Provider zum Löschen zwängen und diese nicht jahrelang liegen ließen, siehe letzter Artikel. 80.000 Bilder waren es damals. Keine Ahnung wie hoch die Dunkelziffer ist.
Auch die „Herstellung mit Verbreitungsabsicht“ ist spürbar gestiegen, 30%. Das ist schlimm. Sehr schlimm. Aber sehr weit weg von der Verdopplung, die in den Medien und von Politikerinnen insinuiert wurden.

In diesem Zuge sollten wir uns unbedingt anschauen, wer die Tatverdächtigen sind, die diese ekeligen Straftaten begehen und massiv zu diesem Anstieg beitragen. Auch dazu gibt es eine Tabelle mit dem “Beispiel des sexuellen Missbrauchs und Kinderpornographie”.

Die Verbreitung von Kinderpornographie ist bei Kindern und Jugendlichen insgesamt um 40% gestiegen. Mädchen unter 14 holen übrigens stark auf (+31% zu +13%). In dem PKS Bericht auf der Zeitleiste sehen Sie, dass sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen weiterverbreiten, erwerben, besitzen oder herstellen, in Deutschland seit 2018 mehr als verzehnfacht haben. Von 1.373 Tatverdächtigen auf 14.528 Tatverdächtige. Übrigens: Keine Verurteilten. Tatverdächtige. Denn die PKS Daten sprechen von Verdächtigen. Demnach gilt jeder Verdächtige als schuldig, wenn man diese Daten verwendet. In der Realität gibt es meiner Meinung nach auch Freisprüche. Daher sind diese Zahlen trotz allem mit Vorsicht zu geniessen und man sollte wissen, was sie bedeuten.

In mehr als der Hälfte der gesamten kinderpornographischen Taten sind die Tatverdächtigen unter 18.
Jedes Elternteil, dass ein Kind zu Hause hat, sollte sich darüber mal Gedanken machen, anstelle zu Jubeln, dass wir nun endlich alle überwacht werden dürfen.

Wir erinnern uns an den letzten Artikel zum Thema, was die Schweizer Polizei gesagt hat: 11% der zwischen 12- und 19-jährigen senden pornografisches Material und das es zur täglichen Normalität gehört, das zu tun.

Wenn wir schon bei Eltern sind: In meiner Erinnerung haben viele in den Medien bekannte Fälle als wesentliche Täter die Eltern oder einen Elternteil. Vielleicht sollte man hier mal ansetzen.

Eine weitere Frage, die zu stellen ist: Haben die Behörden, Polizei, Schulen, Eltern etc. in den letzten Jahren einen größeren Fokus auf diese Themen gelegt? Gibt es in den letzten zehn Jahren vermehrt „Cybercops“, die nach so etwas gezielt suchen?
Nehmen wir an, wir sagen zu diesen Fragen ja. Wäre es dann nicht ganz normal, dass die gefundenen Fälle steigen? Dass mehr Fälle ans Tageslicht kommen? Und wäre das dann nicht als Erfolg zu werten?

Hier noch ein Statement eines Anwalts zu den Begrifflichkeiten in der PKS:

Zitat aus dem Spiegel:

Die PKS ist eine Statistik über Anzeigen und über Verdächtige. Als Anzeige gilt alles, was der Polizei irgendwoher bekannt wird, daher auch alle Erkenntnisse aus allgemeinen, ungerichteten Ermittlungen. Wer in den genannten Statistiken als Täter gilt, ist in Wahrheit nur ein Tatverdächtiger. Es ist der Polizei überhaupt nicht zugänglich festzustellen, ob der Verdächtige die Tat wirklich begangen hat. In der Statistik wird aber jeder Fall, bei dem irgendeine Person als tatverdächtig eingetragen wird (warum auch immer), als aufgeklärt bezeichnet. Das ist eine grobe begriffliche Irreführung. Die PKS ist keine Statistik über Taten und Täter, sondern eine Statistik über die Tätigkeit der Polizei.”

https://www.spiegel.de/panorama/endlich-was-tun-a-2035d8a7-c034-4e18-b12a-77f4abec9099

Und weiter im selben Artikel:

Die Bundesbeauftragte für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs formulierte zutreffend: Es könne nicht gesagt werden, ob die Zahl der Fälle tatsächlich steige.“

https://www.spiegel.de/panorama/endlich-was-tun-a-2035d8a7-c034-4e18-b12a-77f4abec9099

Das klingt für mich ganz anders, als was ich in den Medien und von Politikern bisher vernommen habe.

Und zum Abschluss ebenfalls aus dem Spiegel, dem ich zustimme:

Wer die Straßen mit 40 Millionen wundertätigen Automobilen vollschmeißt, muss damit rechnen, dass sich Tote und Verletzte nicht werden verhindern lassen, selbst wenn der Rotlichtverstoß mit 15 Jahre Freiheitsstrafe bedroht wird
Wer ein Internet betreiben und sich nicht zum rechtlosen Objekt staatlicher Totalkontrolle machen lassen will, muss zwingend damit rechnen, dass es Betrug, Pornografie, Drohung, Hetze und Dreck im Netz geben wird. Dass man das Strafbare darunter verfolgen soll, ist grundsätzlich klar.“

https://www.spiegel.de/panorama/endlich-was-tun-a-2035d8a7-c034-4e18-b12a-77f4abec9099

Alles was Menschen machen, beinhaltet ein Risiko. Wer lebt, wird irgendwann sterben. Wir akzeptieren die Toten auf den Straßen, die Toten bei der Grippe, jedes Jahr. Doch bei Corona ging es plötzlich, angeblich, um jedes einzelne Leben, das es zu schützen galt. Falsch: Die Politik hat sich um die Gesellschaft zu kümmern und nicht um das Individuum. Jeder Einzelne muss sehen, wie er mit Corona klar kommt. Wenn es Möglichkeiten gibt, wie z.B. die Impfung, die Maske etc. Dafür bin ich als Individuum verantwortlich. Es ist meine Risikobewertung, wie ich mich schützen will. Der Staat hat sich um die Gesellschaft zu kümmern.

Der o.g. Hauptkommissar meinte: Wenn durch die Überwachung von 500 Mio Menschen, ein Kind mehr geschützt wird, dann lohnt es sich.
Ich stimme dem nicht zu.

Das Leben birgt ein Restrisiko. Beim Schutz der Kindern sollten wir es klein halten. Aber wir können und sollten meiner Meinung nach nicht alles tun, um ein Individuum zu schützen. Wir, als Gesellschaft, als Lehrer, Eltern, grosse Geschwister, Trainer, Freunde, Tante, Onkel, Großvater, Nachbar, müssen das hinkriegen. Mit Unterstützung des Staates.

Aber nicht mit dem Ansatz, alle Bürger der EU unter potenziellen Tatverdacht zu stellen und mit Werkzeugen, die das Problem in keiner Weise lösen.
Fangen wir bei den Kindern an. Schule, Eltern, Lehrer, Trainer. Erziehen wir die Kinder, schulen wir sie, sensibilisieren wir sie. Machen wir sie auf die Gefahren des Internets aufmerksam, schaffen wir Achtsamkeit im Umgang mit dem Medium, von dem die EU berichtet, das 97% der bekanntesten Webseiten Dark Patterns (also Psychomanipulation) verwenden. Schulen wir sie im Umgang mit Chats, Fakenews etc. Machen wir ihnen bewusst, dass alles, was sie im Internet tun, irgendwann öffentlich wird.

In meiner Erziehung hiess es u.a.: Steige nie zu einem Fremden ins Auto.

Also, liebe Eltern, sagt den Kindern, nie einem Fremden im Internet Informationen zu geben oder ein Foto oder gar ein anzügliches Foto zu schicken. Eltern, stellt nicht die Nacktfotos Eurer Kleinen in Facebook oder Instagram.

Meine Erfahrung, wenn ich den Kindern in der Schule oder beim Sport sage, dass alles irgendwann öffentlich wird: Sie sind entsetzt und wollen mehr wissen.
Der Chat mit der Freundin kommt ggf. irgendwann raus? Was, Mama und Papa können das vielleicht sehen?
Kinder und Jugendliche sind meiner Erfahrung nach hier viel sensibler und Privatsphäre-liebend als Erwachsene.