Ihnen gehört nichts mehr-Teil 2

Software-Abos

Ein Trend hat sich in der Software durchgesetzt: Software wird nur noch zeitlich befristet lizensiert  und nicht verkauft. Wir erwerben kein Eigentum, sondern nur Nutzungsrechte. Diese können auslaufen. Anders gesagt: Man kauft sie nicht mehr. Man bezahlt für die Nutzung, sog. Abomodelle. Läuft das Abo ab, muss man später oft mehr bezahlen oder die Firma stellt das für die aktuelle Hardware einfach ein. Hatte man bis dahin die Software stark im Einsatz, meist unter Verwendung eines proprietären Dateiformats oder anderer Abhängigkeiten, ist es schwierig, aus diesem Abo herauszukommen und eine Alternative zu nutzen. Damit kann ein Anbieter Stück für Stück die Preise erhöhen. Oder die Leistungen einschränken oder beides. Nennt sich Digitalisierung, ist für mich Erpressung.

Beispiel: Die Firma Parallels bietet Software für den Mac an, um andere Betriebssysteme zu emulieren, sog. Virtuelle Maschinen. Mit der neuen Version letztes Jahr wurde das Abo-Modell „erweitert“. Mit dem vorherigen Modell konnte der Nutzer jeder VM so viel Speicher zuweisen, wie er wollte. Mit dem neuen Modell nur noch acht GB pro VM. Will der Nutzer mehr, muss er das neue, teurere Produkt, erwerben.

Bei Büchern ist das übrigens auch so. Sie erwerben nur das Recht, ein Kindle-eBook zu lesen, es gehört Ihnen aber auf dem Kindle nicht. Amazon entscheidet darüber, ob Sie es auch später nochmal lesen dürfen oder nicht. Wollen Sie bei Amazon Ihr Konto kündigen, sind alle Bücher weg. Ich glaube in BWL heißt das Kundenbindung.

Die Bücher gehören also nicht wirklich Ihnen.

Wenn in Zukunft die Waschmaschine nur noch mit Software und Handy-App funktioniert, wird dieses Abo-Modell (unter der Hand) indirekt auf die Hardware umgelegt. Sie kaufen die Hardware, aber eigentlich ist es ein Abomodell, denn ohne die Software, die Sie jedes Jahr neu abonnieren müssen, läuft sie nicht. Das im Kontext, dass Software nur für ein paar Jahre gewartet wird, bedeutet, Ihre Hardware, die bisher 20+ Jahre problemlos lief, wird nach ein paar Jahren ausgesondert. Oder Sie müssen ein neues Handy kaufen. Oder ein anderes. Oder mehr für die App bezahlen. Alles ist möglich, aber es wird nicht zu Ihrem Vorteil sein.

Bei Geräten, die sehr lange aktiv sind, wie Waschmaschinen, sind Sie erpressbar. Denn Sie haben keine Alternative, ausser eine neue Waschmaschine zu kaufen (die billiger ist als ein neues Handy).

Das heißt, die gekaufte Hardware gehört nicht wirklich Ihnen.

Im Moment sehe ich viel Werbung für Diabetes-Produkte. Eine kleine Scheibe am Arm, über die App auf dem Handy sieht der Nutzer die Werte in Echtzeit. Super. Wirklich innovativ. Aber was passiert, wenn die Software nach einem Jahr eingestellt wird zugunsten einer neuen? Die Sie bezahlen müssen. Zusätzlich. Was passiert, wenn die Firma sich wie die o.g. Firmen verhält und nach einer Zeit mehr Geld für die eigentlich gekauften Dienste verlangt? Oder sich das Software-Abo verdoppelt jedes Jahr? Was passiert, wenn der Anbieter alle sechs Monate verlangt, dass Sie die neueste Hardware kaufen, weil die neue Software nur noch die neuesten Geräte mit all den wunderbaren neuen Funktionen unterstützt? Sie haben sich für ein Produkt von einer datenschutzsparenden DSGVO-konformen Firma entschieden. Diese wird von einem der Giganten in den USA gekauft. Was machen sie dann? Was passiert mit Ihren Daten?

Denken Sie an intelligente Herzschrittmacher, Endoskelette oder andere medizinischen Produkte.

Gehört Ihre Gesundheit noch Ihnen?

Cloud

Der Trend in die Cloud treibt das weiter voran! 

Office365 kennen Sie sicherlich. Die Software gehört nicht wirklich Ihnen. Haben Sie mal die Bedingungen gelesen und sichergestellt, dass die dort abgegebenen Daten Ihnen gehören?

Schon 2021 schrieb netzpolitik darüber, wie mit Office 365 die Leistungen von Mitarbeitern überwacht werden können. Was sollte Microsoft davon abhalten, noch mehr mit den Daten anzustellen?

Mit den vielen Cloud-Anbindungen geht das alles noch einen Schritt weiter, weil es hier eine noch viel größere Möglichkeit gibt, uns Dinge, die wir ein Mal erworben haben, wieder unterm Hintern wegzuziehen. Weil die Abhängigkeit sehr viel stärker ist.

Wir sind es schon gewohnt. Auch für Streaming bezahlen wir Geld, ohne wirklichen Besitz an den Dateien zu erwerben. Tidal, Amazon Music, Spotify, Netflix, Amazon Prime, Disney+ etc. entscheiden, ob Sie noch etwas sehen und hören können.

Software zu streamen kommt ebenfalls immer mehr in Mode. Das nennt sich Software-as-a-Service (SaaS). Google arbeitet an einem Android-Nachfolger, Fuchsia, bei dem auf dem Handy nur noch ein minimalistischer Kern enthalten sein wird und alles andere aus dem Netz kommt. Damit hat Google dann die volle Kontrolle über Ihre Handynutzung. Jede Interaktion mit dem Handy wird an die Google Server gesendet. Keine Firewall kann Ihnen helfen. Die Perfektionierung der Überwachung.

Der Trend zum Software-Streaming wird die Abhängigkeiten noch vergrössern. Vor allem, da es nur drei wirklich grosse Cloud-Anbieter gibt, alle drei amerikanische Firmen (Alibaba aus China schließe ich hier aus). Sie können Funktionen neu einbauen, um Sie zu überwachen, entfernen, um Sie zu mehr Geldflüssen zu motivieren oder gar nicht mehr anbieten.

Der Trend wird weitergehen. Möglicherweise in die Richtung, dass in Zukunft keine Hardware mehr gekauft wird, sondern nur noch geleased. Oder dass Sie nur einen kleinen Preis bezahlen, aber dann für die Apps, die Software oder das Update zur Kasse gebeten werden. Machen Sie nicht mit, wird die Maschine abgeholt oder nicht, und Sie können sehen, wo Sie bleiben.

Beispiel: Drucker, die günstig sind, aber wehe wir verwenden andere Patronen als die vom Hersteller. Dann verlieren wir manchmal die Garantie, wenn der Drucker überhaupt noch funktioniert.

Offline Geräte

Drohnen sind sehr beliebt. Dazu gehören oftmals Brillen, damit man den Flug der Drohne so erlebt, als sässe man selber drin. Die Brillen brauchen Software.

Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Sie kaufen eine Drohne, dazu eine Brille für 500€, um den Flug zu geniessen. Nach einigen Testflügen sind Sie total happy und wollen das einem Freund zeigen. Leider funktioniert die Brille nicht mehr. Sie wissen nicht woran das liegt. Akku? Nein. Neu booten hilft immer, kennen wir ja von Windows. Oops. Die Brille bootet nicht mehr in den normalen Modus. Was ist denn da los? E-Mail an den Support und warten. Sie ärgern sich. Das Gerät war fast neu und nicht billig. Ist aber egal, Sie haben es gekauft und es funktioniert nicht wie beschrieben.

Schöne, neue, digitale Welt. Die Firma Orqa verkauft derartige Brillen. Und wie andere Firmen entwickeln sie die Software nicht selber, sondern lassen das andere machen, ist billiger. Wenn man als Unternehmen dann noch keine Abteilung hat, die den Code abnimmt, ihn sauber testet, evaluiert, dann kann das passieren: Die Brille funktioniert nicht mehr. Warum?

Die einen sagen, das ist eine eingebaute Ransomware in der Software der Brille um Orqa zu erpressen. Bei einem guten Codereview hätte die das erkennen müssen. Die anderen sagen, dass sind Lizenzen, die abgelaufen sind und erneuert werden müssen. Wo sind die Lizenzverträge? Alles sehr komisch.

Mir egal. Tatsache ist: Sie haben ein Produkt gekauft, das nicht mehr so funktioniert, wie verkauft.

Sie müssen bei jedem Kauf darüber nachdenken, ob Sie dem Verkäufer eines Produkts mit digitalem Anteil vertrauen können. Wie oben, ob die Funktionen in ein paar Monaten noch genutzt werden können, ob es das Produkt noch gibt und ob die Firma die Software outsourced und die Qualität sichert oder nicht. Oder, und das erwarte ich in Zukunft mehr und mehr, ob man Sie einfach zu mehr Geld motivieren will.

Ihnen, und so wie es aussieht dem Produktverkäufer, gehört das Produkt nicht.

Wer die Software hat ist King.

Ich stelle mehr und mehr fest, dass das Vertrauen in digitalisierte Produkte immer weniger gerechtfertigt ist.

In diese Welt sprinten wir mit Hochgeschwindigkeit, mit den Aussagen der FDP: Digitalisierung first, Bedenken second.

Life-as-a-Service
Blackmail-as-a-Service
Dependency-as-a-Service

Fazit

Wir waren abhängig vom russischen Gas, die Automobilindustrie ist abhängig von China. Man könnte den Eindruck gewinnen, wir machen bei der Software wieder genau denselben Fehler.

Abhängig von anderen Ländern oder Firmen in anderen Ländern, mit einem Umsatz, der weit über der jährlichen Staatsverschuldung liegt. Die sehr kreativ bei der Steuer sind und oftmals auch nicht sehr viel von Menschenrechten halten.

Uns gehört nichts mehr.

Mir macht das Sorge. Ich finde, die Politik müsste viel stärker regulieren, gerade im medizinischen Bereich.

Empfehlung

Brauchen Sie alle Produkte in digitaler Form? Kennen Sie die Firmen, von denen Sie die Produkte kaufen? Können Sie diesen vertrauen? Stellen Sie sich diese Fragen. Ich, für meinen Teil, beantworte mehr und mehr mit nein.