Ihnen gehört nichts: Medizin

Möglicherweise schmunzeln Sie, wenn ich mich darüber echauffiere, dass wir uns in die volle Abhängigkeit von ein paar wenigen Unternehmen geben, wenn wir digitalisieren. 

Was passiert, wenn das Internet ausfällt? Naja, dann gibt es einen Tag mal keinen Toast.

Was, wenn der Cloud-Toast-Anbieter auf einmal von einem Kauf zu einem Abomodell übergeht? Sie haben den Toaster gekauft, voll bezahlt, er hängt am Netz und lernt Ihre Toastgewohnheiten. Sie freuen sich über perfekt getoastetes Brot. Daher sind die Daten in der Cloud Ihnen egal, es ist so bequem. Dann sagt der Hersteller, kein Toast mehr. Du musst jetzt jeden Monat 3€ bezahlen, denn unsere KI und unser Rechenzentrum kosten Geld. Du konntest doch nicht wirklich annehmen, dass wir das auf Lebenszeit kostenlos anbieten, auch wenn es auf der Einkaufspackung stand.

Autodesk, ein beliebter Anbieter von 3D-CAD Software (damit werden Autos, Maschinen usw. am Computer designed) hat seine Software verkauft, mit einer Lizenz auf Lebenszeit. Jetzt haben Sie die Lizensierungssoftware angepasst. Wer seine Lizenz erneut abfragen will, weil er einen neuen Computer hat oder die Software auf einen neuen Computer transferieren will, der steht doof da. Es geht nicht mehr. Ab jetzt müssen Sie ZUSÄTZLICH monatlich einen Betrag bezahlen, das allseits beliebte Abo-Modell. Ich verstehe, wenn man bei neuen Verkäufen nur noch Abo-Modelle anbietet. Aber wenn Sie eine Software mit dem Versprechen gekauft haben, dass es eine lebenslange Lizenz ist, dann sollte es eine lebenslange Lizenz sein. Jetzt macht die Firma nochmal Geld mit den Kunden. Erst gekauft und ab dann Abo.

Ok, das ist jetzt auch nicht lebensentscheidend.

Aber stellen Sie sich Folgendes vor:

Sie konnten sehen, hatten einen Unfall und wurden blind. Dann kommt eine Firma und implantiert Ihnen einen Chip in die Augen oder das Gehirn und Sie können wieder sehen. Vielleicht nur schwarz-weiss, vielleicht nicht so scharf, aber Mensch, das ist so viel besser als blind zu sein. Sie sind wieder unabhängiger, freier. Sie können endlich Ihren Blindenhund erkennen.

Sie gewöhnen sich an das Gefühl, wieder frei zu sein, sehen zu können, leben zu können.

Dann erhalten Sie einen Brief, den Sie sogar lesen können, der sagt: Wir müssen leider monatliche Gebühren für die Software des Chips erheben. Oder Sie erfahren, die Firma ist pleite, keiner kauft sie auf und sie gehen das Risiko ein, dass wenn etwas passiert, Sie niemanden mehr finden, der Ihnen helfen kann.

Klingt unmöglich.

Falsch, ist so ähnlich schon vor 10 Jahren passiert.

https://www.technologyreview.com/2023/05/25/1073634/brain-implant-removed-against-her-will/

Eine Frau, 49, hatte regelmässige epileptische Anfälle. In 2010 erhielt sie ein Hirnimplantat, dass Ihr auf einem mobilen Gerät anzeigte, wie wahrscheinlich ein erneuter epileptischer Anfall ist. Blau: Nichts in Sicht. Rot: Kommt sehr sehr bald. Sie konnte Medikamente nehmen, bevor ein Anfall bevorstand und ihn so verhindern. Sie konnte ein normales Leben leben, ohne Angst. Der Chip lernte von Ihr und wurde immer besser im Ansagen von möglichen Anfällen.

2013 wurde Ihr der Chip wieder entfernt. Die Firma war Pleite gegangen. Nach drei Jahren ohne Angst und Sorgen und einem Leben, fiel sie wieder zurück in die Angst, es könnte jederzeit wieder einen Anfall geben.

Die psychologische Implikation ist auch nicht zu unterschätzen. Laut Aussagen von Patienten gibt es eine Symbiose, das Implantat wird Teil von einem, gehört zu einem, als wäre es nie weg gewesen. Es ist Teil von einem selbst. Wird das entfernt, fühlt sich das bei vielen Patienten an, als wann man ihnen einen Teil des Selbst raubt.

Das gilt auch, wenn bekannt ist, dass nach einem oder zwei Jahren das Implantat herausgenommen wird. Die Veränderungen sind so dramatisch, dass die Patienten sich so an das neue Leben gewöhnt haben, dass sie mit der Entfernung nur schwer umgehen können.

Die medizinische Digitalisierung ist erst ganz am Anfang. Aber sie kommt. Exoskelette, Hirnimplantate bei Parkinson, Epilepsie, Handprothesen, alles kommt. Natürlich nur steuerbar mit Apps aus dem Apple AppStore oder Google Play Store und nur mit Konto in der Cloud. Sind wir auf die Auswirkungen und die Abhängigkeiten vorbereitet? Wollen wir diese?

Ich denke, wir brauchen hier eine Regulierung. Ich kann mir nicht vorstellen, blind zu sein. Ich kann mir noch weniger vorstellen, wie es ist, jahrelang zu sehen und dann wieder (!!!) blind „gemacht zu werden“.

Oder Epilepsie-Anfälle. Oder Parkinson. Oder oder oder.