Neues zu den AirTags (und dergleichen): Teil 1

Die AirTags sind immer wieder in den Medien. Google will auf den Zug der Hardware-Tracker aufspringen. Die Technologie kann Fluch und Segen sein. Ein Rückblick und vor allem ein Ausblick, was uns erwartet.

  • Teil 1: Rückblick: Funktionsweise, Einführung und Vorfälle
  • Teil 2: Problemstellung, Zukunft
  • Teil 3: Implikationen, Technologie
  • Teil 4: Widerspruch und Pairing Registry
  • Teil 5: Technische Details der Spezifikation
  • Teil 6: Fazit und Empfehlungen

Rückblick: Funktionsweise

Ein AirTag enthält einen Bluetooth Chip (ich lasse NFC, Near Field Communication, weg, da es für diesen Artikel nicht relevant ist). Es ist mit einem Gerät, meist einem Handy, von Apple gekoppelt. Apple betreibt einen Dienst, der „Wo Ist?“ (Find my) heisst. Über diesen Dienst, der auf dem iPhone läuft, sendet das AirTag seinen Standort regelmässig an Apple. Letztendlich kann jedes Apple Gerät (Kopfhörer etc,) durch den „Wo Ist?“-Dienst auf dem iPhone seinen Standort bekannt geben. Das erlaubt, geklaute oder verloren gegangene Geräte wie Handys wieder aufzufinden. Selbst wenn im Gerät kein GPS Chip ist, wie beim AirTag, können diese Geräte geortet werden.

Das bedeutet, ein AirTag heißt zwar GPS Tracker, aber es hat selber keinen GPS Chip.

Es benötigt die Verbindung zu einem Apple Gerät via Bluetooth. Ist kein iPhone, iPad oder Mac in erreichbarer Nähe, oder haben diese Geräte GPS, Netzwerkverbindung (Wi-Fi oder Mobilfunk), „Wo Ist?“, Bluetooth deaktiviert oder es ist keine 2FA (Zwei-Faktor-Authentifizierung) eingerichtet, ist das AirTag taub, blind und tot. Sie müssen also alles mögliche einschalten, damit so ein AirTag seinen Dienst für Sie antreten kann. Befindet sich ein Apple Gerät mit aktiviertem Allem in der Nähe, sendet das AirTag über ein iPhone seine Daten an das „Wo Ist?“-Netzwerk von Apple und der Besitzer dieses Gerätes kann es finden.

Um es nochmal ganz klar zu sagen: Selbst wenn Sie keinen AirTag haben, helfen Sie anderen AirTag Besitzern, diese zu lokalisieren, wenn Sie ein iPhone etc. besitzen und die entsprechenden Dienste aktiv sind. Im Guten, z. B. beim Auffinden eines geklauten Rucksacks, als auch im Schlechten, z. B. einem schlagenden Partner helfen, seine Partnerin im Frauenhaus aufzuspüren. Überlegen Sie sich gut, ob Sie dabei mitmachen möchten. 

Wollen Sie das nicht? 

  • Deaktivieren Sie das „Wo Ist?“ Netzwerk. 
  • Deaktivieren Sie iCloud.
  • Was ich immer empfehle: Aktivieren Sie Bluetooth, GPS oder WLAN nur, wenn Sie es wirklich benötigen. Nicht über das Kontrollzentrum, sondern in den Einstellungen. Über das Kontrollzentrum können Sie Bluetooth und WLAN nicht vollständig deaktivieren.

Einführung

Es scheint, dass jede leistungsstarke neue Technologie sowohl zum Vorteil als auch zum Nachteil der Gesellschaft genutzt werden kann und auch wird. Wir Menschen loten immer alles aus.

Mit anderen Worten: Neue Technologie ist immer ein Fluch und Segen. Das gilt auch für AirTags – die beliebten und praktischen handlichen Bluetooth LE (low energy) Dongles von Apple (es gibt auch andere Anbieter wie Tile), bei denen es nur um den Standort geht. Das Problem ist natürlich, dass es unzählige Situationen gibt, in denen die Möglichkeiten der Standortverfolgung und -meldung missbraucht werden können. Zum Beispiel zur Bewegungsprofilerstellung, zum Tracking oder zum Stalking.

Ich habe an dieser Stelle bereits über AirTags berichtet.

Ein kurzes Beispiel: Autodiebe benutzten AirTags, um an einem begehrten Auto auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz, von dem aus es nicht sicher gestohlen werden konnte, angebracht zu werden. Die Diebe haben die AirTag-Ortungstechnologie genutzt, um das Fahrzeug zu einem viel privateren Ort, z. B. im Wald oder an einer Raststelle, zu verfolgen, wo sie es dann stehlen konnten.

New York, New York

Gleichzeitig gibt es aber auch Fälle, in denen man möchte, dass sein Auto geortet wird.

Am Sonntag, den 30. April, hielt der Bürgermeister von New York City, Eric Adams, eine bemerkenswerte Pressekonferenz, auf der er alle New Yorker aufforderte, ihre Autos mit Apple AirTags auszurüsten. Er stellte gleichzeitig 500 AirTags kostenlos zur Verfügung, um den Stein ins Rollen zu bringen. 

Ob diese 500 jetzt einen Unterschied machen? Ich denke nicht, aber es war ein Zeichen.

Warum tat er das?

Ein NYPD-Beamter sagte, dass in New York City allein in diesem Jahr bis April 966 Hyundais und Kias gestohlen worden seien und damit die Gesamtzahl von 819 Diebstählen aus dem Vorjahr bereits übertroffen wurde. Nach vier Monaten. Die öffentliche Kriminalitätsstatistik des NYPD gibt an, dass es bis April 4.492 Fahrzeugdiebstähle gegeben hat, ein Anstieg von 13,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und der größte Anstieg unter den sieben Hauptverbrechenskategorien in New York City. Es gab also einen Grund. Aber wieso Hyundais und Kias und nicht Mercedes, BMW oder Audi?

Wenn Sie die Auto-Nachrichten verfolgen und/oder aktiv auf TikTok sind, dann sind Sie wahrscheinlich nicht überrascht, dass Hyundais und Kias besonders hervorgehoben werden, da die Kia-TikTok-Challenge weitläufig bekannt ist. In dieser zeigen die Protagonisten, wie diese Modelle sehr einfach mit einem Kabel gehackt und geklaut werden können und ermutigen andere, das auch zu tun. Grund ist ein Konstruktionsfehler dieser Automodelle. 

Soziale Medien sind einfach etwas ganz Wunderbares.

Am 7. April, kündigte die Stadt New York ein Gerichtsverfahren gegen Kia und Hyundai an, da sie den Anstieg der Autodiebstähle auf diese bekannten Konstruktionsfehler zurückführen. Denken Sie darüber nochmal nach. Ich habe mich nicht verschrieben.

New York will die Käufer dieser Modelle gegen die Qualitäts-Schlamperei der Hersteller schützen und Schaden von den Verbrauchern abwenden. Mittlerweile gibt es ein Urteil: $200M.

Wie sieht das in Deutschland aus, wenn ein Hersteller schlampt oder betrügt? Denken Sie nicht an Wolfsburg!

Jedenfalls war es interessant, dass der Bürgermeister von New York City und die Polizeibehörde proaktiv den Einsatz einer preiswerten, verbraucherfreundlichen Ortungstechnologie empfehlen, um gestohlene Autos aufzuspüren. Worüber nicht gesprochen wurde: Ob Apple die 500 kostenlosen AirTags gespendet hat, New York diese kaufen musste, ob bei der Übertragung darauf hingewiesen wurde, dass es sich um eine Werbeveranstaltung handelt oder ob dieser Beitrag durch Product-Placement finanziert wurde.

Andere Vorfälle mit AirTags

Ende letzten Jahres verklagten zwei Frauen Apple, die behaupteten, dass ihre verflossenen Ex-Partner ihre AirTags verwendeten, um ihren Aufenthaltsort zu bestimmen, was ihre Sicherheit gefährdet haben könnte.

Außerdem wurde im Juni 2022 berichtet, dass eine Frau aus Indiana angeblich einen AirTag benutzte, um ihren Freund wegen einer angeblichen Affäre zu verfolgen und schließlich zu ermorden.

Also… manchmal wollen wir eine Ortung, manchmal wollen wir sie nicht. Aber in allen Fällen wollen wir die Kontrolle über den Prozess haben. 

Doch Apple bleibt nicht allein und hat gezeigt, dass die Integration in das Betriebssystem und der Aufbau eines dafür geeigneten Netzwerks sehr erfolgsversprechend und gewinnbringend sind. Das ruft jetzt auch andere auf den Plan.

Berichten zufolge bereitet Google die Produktion eigener Tracker vor. Dazu baut es ein vergleichbares „Wo ist?“ Netzwerk auf. Das wird später noch wichtig. Wenn es ums Tracken geht, will sich der Großkonzern nicht lumpen lassen. Entschuldigung.

Folglich haben Apple und Google einen großen Anreiz, gemeinsam an der Weiterentwicklung dieser Technologie zu arbeiten, um das Risiko ihrer negativen Nutzung zu minimieren, wenn Tracking nicht erwünscht ist. Außerdem erhöht es massiv die Wahrscheinlich einen AirTag (oder dann auch GoogleTag) genau zu lokalisieren, weil viel mehr Handys genutzt werden können. Bisher sind es nur iPhones, iPads und Macs. Mit Google kämen noch Android Handys und Tablets dazu. Laut Statista hat Android etwas weniger als 70% Marktanteil, das macht einen Unterschied.

Warum die anderen Tracker wie beispielsweise Tile nicht so verbreitet sind, ergibt sich aus dem eben gesagten: 

  1. Sie haben kein annähernd so grosses Netzwerk an Geräten (im Vergleich zu Apple und bald Google mit Android) um Tracker zu lokalisieren
  2. Die Apps müssen heruntergeladen und installiert werden und im Zweifelsfall laufen, damit sie etwas erkennen können.

Im nächsten Teil sehen wir uns die Problemstellung an und wie die Zukunft aussehen könnte oder wird.