Warum es mit dem Datenschutz nicht so weit her ist

Es stellt sich immer wieder die Frage, warum es mit dem Datenschutz nicht so weit her ist. Wie kommt es, dass sich so wenige Menschen Gedanken über Privatsphäre und Datenschutz machen?

Hier ein paar Gründe, aus einer repräsentativen Umfrage, von zwei Personen.

Nein, ich habe mehrere Menschen gefragt und das nicht repräsentativ. Vieles ist auch einfach selbst erlebt, also meine Meinung.

0. Andere Sorgen

Wir haben andere, spürbarere Sorgen. Klimawandel, Corona-Pandemie, Ukraine-Krise (oder andere, die es irgendwo andauernd gibt). Da fällt der Datenschutz einfach über die Kante. Die anderen Sorgen sind gespürt gravierender, spürbarer, erlebbarer, konkreter. Ob Sie getrackt werden merken Sie meist nicht. Ob daraus ein Profil erstellt wird, merken Sie nicht. Ob Sie mit diesen Daten gehackt werden, merken Sie erst, wenn es zu spät ist. Wenn Sie damit manipuliert werden, merken Sie es ebenfalls nicht. Sie werden im Gegenteil glauben, selbstständig und autark entschieden zu haben. Das wir rationale Menschen sind, ist eine Erzählung die alle glauben. Die die Mächtigen ausnutzen um uns Ihren Willen auszudrücken. Verschwörungsmythos? Fake News? Nein, lesen Sie die einschläge Psychologieforschung. Kahneman, Taleb, Tversky… Wenn das nicht so wäre, habe ich zwei Fragen für Sie:

  1. Warum geben Firmen Unsummen für Werbung aus, wenn Sie nicht wirkt?
  2. Warum beschäftigt Facebook mehr Psychologen als jedes andere private Unternehmen?

1. Es hat sich so eingeschlichen

Als ich in den 90ern mit dem Internet anfing, war das Revolution. Anarchie. Jeder konnte mit jedem. Jeder konnte alles sagen, weltweit. Das Wenige, das es gab, wurde offen und mit positiver Konnotation benutzt. Ein bisschen Email, kein WWW, kein WhatsApp etc. Keiner wollte den anderen überwachen, sondern kommunizieren, austauschen, zusammenarbeiten. Es kam vor allem aus dem universitären Bereich (ja ich weiss, Militär usw. war auch dabei).

Doch irgendwann hat es sich so eingeschlichen, dass Webseiten Cookies verwendeten, gerade und zuerst im Online-Banking. Überall da, wo man den Status erhalten musste. Hätte sich Domino von IBM durchgesetzt, wäre das anders verlaufen. Das haben einige erkannt und diese Cookies, die positiv waren, denn sie halfen bei vielen Diensten, zum Tracken verwendet. Sie waren also schon da und wurden umgewidmet. Kein Ding. Was konnte daran so schlimm sein.

Das iPhone sammelte in 2007 keine oder nur sehr rudimentär Daten. Android gab es nicht.

Mit tollen Geräten, immer besseren Diensten haben uns die Techkonzerne angefixt. Wow, was man alles machen kann. Routennavigation, Spiele und auf einmal tauchten soziale Netzwerke auf. Ich war total begeistert vom ersten iPhone, vom ersten UMTS Netz und was man alles machen konnte. Wahnsinn.

Irgendwann wurde aus dem anarchischen Netz ein Geschäft. Die Firmen und Politiker, zumindest in den USA, aber auch in Deutschland, diskutierten, ob man nicht Geschäftsnetzwerkverkehr höher priorisiert als privaten. Auf einmal konnten wir ohne Netz nicht mehr leben. Das brachte die Firmen dazu, diese Sucht auszunutzen. Die Politik hinkte in allen Ländern der Technik weit hinterher (Stichwort: Neuland). Also befanden sich die Unternehmen im wilden Westen. Sie konnten nach Belieben schalten und walten. Wir waren immer noch geblendet von den neuen Möglichkeiten. Jetzt sind die Unternehmen so gross, dass Sie nicht mehr gezügelt werden können. Wir sind abhängig.

Die Überwachung war da. Vollumfänglich. Es ist sehr schwer, etwas, an das man sich gewöhnt hat und das natürlich einen Mehrwert hat, zu ändern. Wir hätten es kommen sehen können. Jetzt sind die Firmen Gigantisch Gross. Eine Regulierung scheint unmöglich. Eine Regulierung und ein Eingriff kommen gar nicht oder zu spät. Kein Land der Welt kann es sich leisten, sich mit Google oder Apple anzulegen. Apple’s Börsenwert ist höher als die Gesamtverschuldung Deutschlands (€3 Billionen zu €2 Billionen). Amazon hat weltweit 1,6 Millionen Mitarbeiter. Microsoft ist in so ziemlich allen Behörden vertreten. Bei Facebook glauben sehr viele, ohne nicht leben zu können, egal welche Lügen dort jeden Tag erzählt werden, von Facebook, und seinen Nutzern. Bleibt noch Google. Wir googlen. Das ist die Krönung jedes Unternehmens, wenn der Firmenname zum Verb wird. Kein Mensch „appled“ (höchstens veräppelt, aber das ist eine andere Geschichte). Es gibt viele Nutzer, die geben alles in die Google-Suche ein. Z. B. auch www.microsoft.com. Die wissen gar nicht, dass die Eingabezeile darüber die eigentlich richtige wäre.

2. Es gibt keine Alternativen für Normalos

Es ist unmöglich, in einen Mediamarkt zu gehen und ein Handy mit einem datenschutzfreundlichen Betriebssystem zu kaufen. Es gibt iPhones mit iOS und viele Androids, von vielen Herstellern. Sind Sie mal in ein Geschäft gegangen und haben nach LineageOS oder GrapheneOS gefragt. Keine Chance. Das Gleiche gilt für Rechner. Der Normalo kauft den Rechner im Saturn oder bei Amazon aber doch nicht bei Tuxedo Computers (die Linux vorinstallieren).

Versuchen Sie mal einen Linux Rechner zu kaufen. Unmöglich. Und selbst wenn Sie einen bekämen, kein normaler Nutzer ohne ein bisschen technisches Interesse kann Linux nutzen. Seit ich in den 90ern mit Linux angefangen habe (Version 0.94 oder so) und Linus Torvalds kennen lernen durfte, gibt es jedes Jahr einen Aufmacher in Techzeitungen: Dieses Jahr schafft Linux den Durchbruch auf dem Desktop. Seit über 20 Jahren. Stellen Sie einem normalen Menschen, dem Arzt, der Frisörin, dem Masseur einen Linux Rechner hin. Und der wird sagen: Gib mir mein Windows wieder. Selbst wenn er es doch schafft, damit einigermaßen klar zu kommen, kommt die nächste Hürde. Egal, welches Problem man durch das Internet mit Linux lösen will, es endet in fast allen Fällen mit einer Webseite auf der steht:

Öffnen Sie das Terminal und geben Sie ein:

$sudo apt upate && apt upgrade

Oder so ähnlich. Sie müssen neue Package Manager für bestimmte Software installieren; wenn Sie in Ubuntu den Hibernation Mode (der den aktuellen Status auf die Platte schreibt, so dass Sie beim nächsten Benutzen alles wieder so vorfinden, wie Sie es verlassen haben) einschalten wollen, suchen Sie vergeblich und werden auf der Suche danach darauf verwiesen: Öffnen Sie das Terminal und geben Sie ein… Die meisten Mac und Windows Benutzer wissen nicht, was das Terminal ist. Oder der Unterschied zwischen Hibernation und Suspend. Und das ist gut so.

Bleiben als Alternativen: macOS und Windows. Ggf. noch ChromeOS. Alle nicht sonderlich datenschutzfreundlich.

Fällt Ihnen etwas auf: Sowohl bei Handys als auch bei Betriebssystemen für Computer gibt es mehr oder weniger nur zwei, maximal drei Angebote, alle aus den USA. Nichts aus Europa oder gar Deutschland. Sie können ein deutsches Handy kaufen, aber mit Google Android. Wohin das führt, konnte man schön an der Corona-Warn-App sehen. Ohne Google und Apple und deren Implementierung ging nichts.

Die Firmen bestimmen, welche Apps in ihren App Stores zugelassen werden. Sie bestimmen, was freie Rede und Meinungsfreiheit ist. Sie, als Benutzer, haben eigentlich keine Wahl: Pest oder Cholera.

Außerdem sind alle Systeme standardmäßig so konfiguriert, dass die meisten Daten, die möglich sind, abgegeben werden. Wer das nicht will? Muss sich einlesen. Was bedeutet DNS? Was bedeutet es bei der täglichen Nutzung, wenn ich die Lokalisationsdienste ausschalte. Usw. Wer Datenschutz will, muss es wirklich wollen. Die Linux-Benutzer und andere Datenschutzverfechter sagen: Ja, da mus man schon etwas für tun, wenn man das will. Warum? Warum ist das Menschenrecht nicht per Default angeschaltet? Wieso gibt es hier keinen Opt-In Mechanismus. Und nur einen eingeschränkten Opt-Out? Wieso haben die beiden grossen eine Werbe-ID fest eingebaut? Wieso ist die nicht Opt-In und die Verwendung muss beim Benutzer abgefragt werden?

Standardmäßig ist Datenschutz nicht eingestellt. Wer sich ein Windows 10 Home kauft, hat keine Möglichkeit, als Normalo, die Telemetrie (Sammlung aller möglichen Daten von Ihnen) zu unterbinden und kann auch die Festplatte nicht verschlüsseln. Es wäre ein einfaches, die Anbieter auf allen Systemen dazu zu bringen, dies einzubauen und die Abfragen beim Erststart mit Opt-In zu belegen, als mit Opt-Out oder gar keiner Nachfrage.

Daher geht der Normalo hin und sagt zu allem ja, weil ihm das garantiert, dass alles einigermaßen funktioniert.

In meinen Beratungen werde ich immer wieder darauf hingewiesen: Was kann ich an Datenschutz einstellen, ohne dass sich etwas ändert oder mich einschränkt?

Wenn ich dann eine Fülle von Einstellungen zeige, die die Anbieter im System haben, um Daten zu schützen, dann schauen mich die Menschen verdutzt an und fragen: Wieso haben die das nicht von Anfang an so eingestellt? Weiß ich nicht. Eigentlich doch. Weil sie die Daten wollen und weil sie es können und dürfen. Bei Cookies ist Opt-In gefordert, aber bei Betriebssystemen und Handys ist Opt-Out die Wahl. Schade.

Die Alternativen sind alle mit Aufwand und technischem Verständnis und ggf. Geld verbunden. Linux ist nicht benutzerfreundlich und muss man lernen, Word geht nur über Office 365, LineageOS zu installieren ist ein Mist und läuft oftmals nicht auf aktuellen Handys und GrapheneOS läuft irrigerweise nur auf Google Handys. Das ist alles zu wenig, um den Menschen Lösungen anzubieten.

3. Einfluss der Arbeit

Viele Menschen arbeiten heute mit Computern. Die überragende Mehrheit mit Windows. Dann zu Hause ein Linux oder wenigstens einen Mac zu nutzen, stresst viele. Kann ich dann Word auf dem Mac nutzen? Tut mein Spotify auch? Ist die Facebook App genauso einfach zu bedienen? Sind alle Schaltflächen und Knöpfe auch da wo ich es kenne? Alle drei Rechnersysteme sind unterschiedlich und benötigen ein bisschen Umgewöhnung. Was dem Studenten vielleicht noch leicht fällt ist für einen Ü50 wie mich vielleicht nicht mehr so einfach. Und das nur um ein bisschen Datenschutz, von dem ich sowieso nicht spüre was es bringt, zu erhalten. Nö, zu anstrengend.

Wieviele Leute kennen Sie, die von Android zu iOS oder umgekehrt gewechselt sind? Ich kenne sehr sehr wenige. Das ist etwas anderes, die Einstellungen sind anders oder heißen anders. Nö, das ist mir zu anstrengend.

Wir bekommen ein Windows System bei der Arbeit, manche noch iPhones oder öfter Androids, dann privat etwas anderes zu nutzen ist eher nervig. Schließlich will man ja die Daten austauschen (auch wenn das vielleicht nicht erlaubt ist).

Das Gleiche gilt im Bildungswesen. Die Schüler bekommen oftmals Windows Rechner, ein iPad oder Windows wird vorausgesetzt. Gehen Sie als Schüler eines IT Pappas mal mit einem Linux-Rechner in die Schule. Oder fragen mit Ihrem GrapheneOS Handy um Hilfe beim Herunterladen von Hausaufgaben…

4. Die Bildung fehlt

Uff, das schlägt ein. Aber es stimmt. Meiner bescheidenen Meinung nach. Wahrscheinlich könnte ich über dieses Thema seitenlang schreiben, ich gebe mir Mühe mich kurz zu fassen.

Ü50: Wir sind nicht mit Internet und Handys aufgewachsen. Oder nur die wenigsten. Ich hatte zu Hause Anfang der 90er ein 2400 Bit/s Modem von Zyxel und konnte Emails und Newsgruppen herunterladen, die Verbindung kappen und dann lesen und antworten, die Verbindung wieder aufbauen und senden. 1. Monat meiner neuen Freiheit: 900 DM (die Währung vor dem Euro). Meine Generation ist mit Telefonzellen aufgewachsen. Mit Verabredungen, die man eingehalten hat, weil man nicht 5 min nach Termin mal eben absagen konnte. Man fühlte sich verpflichtet zu kommen. D.h. auch, uns fällt es tendenziell viel schwerer, uns an immer neue Funktionalitäten zu gewöhnen, neue ‘Look&Feels’. Die wenigsten von uns lesen sich die neuen Feature des neuen iPhone Betriebssystems durch. Vor allem haben die wenigstens von uns eine technische Ausbildung genossen. Wir waren der erste oder zweite Jahrgang, der Informatik an der Uni studiert hat und wir wurden Dipl.-Ing. und nicht Dipl.-Inform. Wir können Telefone mit Wählscheibe bedienen und 3×3 ohne Taschenrechner oder App berechnen, aber was TikTok ist oder was der Unterschied von WhatsApp zu Threema, ist uns meist verborgen. Ich sehe es an mir selber. Das ist schade. Die Schlagzahl in der IT wird immer höher und es fällt mir immer schwerer, am Ball zu bleiben. Das sehe ich auch in meinem Umfeld.

Aber wie geht es dann meinen Eltern? Was, die Bank hat die Filiale geschlossen, meine 80jährige Mutter soll jetzt Online-Banking lerne? Pins, Tokens, HBCI, Sicherheit, Browser, URL, 2FA… (wenn Sie die meisten Begriffe und Abkürzungen nicht kennen, kein Problem, so gehts es einem Grossteil der Menschen). Meine Mutter war ein Weltmeister auf der Schreibmaschine. Sie tippte auch am Computer schneller als ich denken kann. Aber eine Maus, mit zwei oder gar drei Knöpfen… Als ich meiner Mutter ein Tablet eingerichtet habe, war vieles für mich völlig klar und logisch. Für sie nicht. Die vielen bunten Icons, die uns allen ins Blut übergegangen sind, sagten ihr nichts. Diese Generation klickt auf jeden Link. Weil es in ihrer Zeit noch Vertrauen gab. Man hat bei einem Brief nicht oder nur selten unterstellt, das der Sender etwas Böses wollte. Und so gehen sie dann auch mit Emails um.

Bleiben die Digital Natives. Mannomann. Die können mit Fingern über die Tastatur flitzen, da kommen meine Augen und mein Hirn nicht mit. Frage ich aber nach einer IP-Adresse, rede ich für die Spanisch. Oder Griechisch. Sie können die Dinger nutzen, aber die wenigstens haben auch nur einen geringen Schimmer, was dahinter steckt. Wer dahinter steckt. Mit Verlaub, liebe Teens und Twens und Studis. Ihr habt keine Ahnung. Ich betreue Teenies an einer Schule und trainiere Kids im Sport. Außerdem halte ich Vorlesungen an einer Uni. Die meisten Schüler und Studenten, die mir über den Weg laufen, sind klug, aber sie haben keine Ahnung von IT. Wenn einmal im Handy etwas anders ist als sonst, anders funktioniert, sind sie aufgeschmissen. Ich, Ü50, muss meinen Sportlerinnen helfen, wenn Sie das Handy in die Hand nehmen und etwas anderes als Instagram und WhatsApp machen sollen. Da würde ich mich als Kind aber schämen.

Aber: Es ist gar nicht ihre Schuld. Aus zwei Gründen nicht:

1. Sie bekommen keinerlei Medienerziehung. Ich saß in einer Klasse und hörte einer Lehrerin zu, wie ein Kind eine Frage zu einer Aufgabe aus dem Online-Portal hatte. Das Kind (11) konnte auf seinem Billig-Samsung mit einem fingernagelgrossen Display das Word-Dokument nicht öffnen, nachdem es das Dokument heruntergeladen hatte. Die Lehrerin (Anfang 30), erklärte ihm, das Internet würde gerade nicht gehen. Nicht schlimm genug. Auf meinen Vorschlag, bei solchen Fragen die Kinder vielleicht besser an mich zu verweisen, winkte sie ab.

2. Die Schule lehrt kein kritisches Denken und Nachfragen mehr. Es geht um Bologna Punkte, Curricula die unbedingt umgesetzt werden müssen usw. Informationen werden konsumiert aber kein Wissen aufgebaut. Ein 10 jähriger bekam eine Textaufgabe. Er kam zum Ergebnis: Die Lösung ist, das Pferd hat acht Beine. Die Lösung war falsch. Ich fragte ihn, ob er schon mal ein Pferd mit acht Beinen gesehen habe, was er verneinte. Aber er war ganz sicher, keinen Fehler gemacht zu haben. Einzelfall? Nein.

Auf der anderen Seite habe ich eine 12 jährige, die auf dem Handy rumtippte, darauf hingewiesen, was das, was sie gerade tat, alles bedeutete. Alles wird an Google, Facebook, gesendet, die Eltern können das sehen usw. Sie war geschockt. Diese Altersgruppe hat noch ein Gespür für Privatsphäre. Denn das gehört zu ihrer Entwicklung. Doch denen kaufen die Eltern Handys mit Verträgen, die verbilligt sind aber dafür regelmäßig Werbung einblenden. Früh erzogen.

Diese Beispiele stammen teilweise von Privatschulen und Schulen und Gemeinden die als gemeinhin finanzstark gelten.

5. Datenschützer und Sicherheitsspezialisten sind Techies

Die wenigsten Privatsphäre-Protagonisten sind technische Jungfrauen. Die meisten, die allermeisten, haben einen technischen Background. Das liegt, wahrscheinlich, in der Natur der Sache. Aber die allermeisten interessiert es auch nicht, ob das, was sie da bloggen oder erzählen von normalsterblichen Menschen verstanden wird. Da liest man dann, dass man das Android Handy am besten rooten (müssen Sie nicht wissen, das ist nur was für Techies) muss, wenn man sicher sein will. Oder dieses Tool, das Werbung blockiert, funktioniert am besten wenn das Handy gerootet ist. Doch die bekannteste Antwort ist: RTFM (read the fucking manual). Die Sprache und die Themen zeigen oftmals: Wir wollen unter uns bleiben.

Wieviele Blogs zum Thema Datenschutz gibt es, die einem zeigen, wie ein normalsterblicher Nicht-Techie die Grundeinstellungen so ändern kann, dass er weniger Daten abgibt? Wenige. Dann kommt auch dei Antwort: Ja, wenn Du es nicht richtig machst, bringt es eh nichts.

Diese Blogs sind meist nicht bekannt. Lassen Sie sich von einem Techie mal PGP erklären oder wie Sie Ihre Mails verschlüsseln können? Schwierig. Und wehe Sie verstehen das nicht beim ersten Mal… Dann kommt sehr schnell die Antwort: ‚Ist nicht so wichtig‘, oder ‘Dann chatte besser’.

Hinzu kommt, was ich in den letzten Monate vermehrt feststelle: Die sog. Sicherheitsgurus sind kommunikativ nicht erste Klasse und nicht sonderlich offen für Kritik. Ich war in den letzten Monaten in vielen Diskussionsgruppen und Foren. Da, wo ich denke, ich kann etwas lernen. Da, wo die Gurus sind, die, die es wirklich wissen. Nicht Amateure wie ich. Ich bin kein Techie mehr, kein Sicherheitsspezialist. Aber ein neugieriger und interessierter Mensch an Datenschutz. Als solcher stelle ich oftmals sehr dumme Fragen. Oder zumindest vermitteln mir diese Gurus den Eindruck. Da ist die Zündschnur bei den Wissenden sehr kurz. Ruck zuck heißt es, meine Fragen würden Fakenews verbreiten und ich stünde kurz vor einem Rauswurf. Übrigens Fragen, manchmal, die ich von einem anderen Sicherheitsguru gehört habe. Denn diese Gurus sind sich fast nie einig. Der eine sagt, ich solle eine Software wie Blokada oder AdGuard nutzen, der andere sagt, das ist quatsch und verschlimmert alles nur. Auf Nachfrage kommt schon mal schnell ein Verweis auf einen Artikel, von 2017, was in der IT uralt ist, oder einfach nur: Es kursieren sehr viele Falschinformationen im Netz. Soso. Ein FBI Sicherheitsexperte erklärt mir etwas und ein Harvard oder MIT Sicherheitsexperte sagt, dass ist quatsch. Wahlweise auch umgekehrt. Leider nicht immer höflich oder respektvoll.

Aber wahrscheinlich liegt das an mir. Meine Fragen sind zu profan und langweilen die Gurus, und wenn sie antworten und ich verstehe es nicht sofort, sind sie genervt. Weil ich nicht so einfach aufgebe. Ich will besser werden und lernen. Meinen Datenschutz immer weiter erhöhen. Das schätzen viele Gurus aber nicht. Da kann doch mal bei mir der Eindruck entstehen, die würden lieber unter sich bleiben. Dabei sollten doch auch sie ein Interesse haben, das sich möglichst viele zumindest Gedanken machen. Oder ich bin einfach eine Mimose.

(Wir) Techies (falls ich noch dazugehöre, aber so klingt es nicht so angriffslustig) sind extrem schlecht, unsere Botschaft zu vermitteln, wenn wir es denn überhaupt wollen. Ich weiß das. Ich versuche Gott und die Welt davon zu überzeugen, sich über Privatsphäre und deren Konsequenzen beim Nicht-Vorhandensein Gedanken zu mache, und erzähle von Firewalls und AdGuard Pro und DNS over HTTPS oder besser DNS over TLS (wenn Sie dem Blog bisher gefolgt sind, kennen Sie die Begriffe, wenn nicht, schauen Sie mal unter Serien). Doch das wollen und brauchen die meisten, erst mal, nicht. Es würde schon reichen, wenn Sie verstünden, wie man einen privaten verschlüsselten DNS auf dem Handy einrichtet. Danke Apple, die Profile dafür schrecken leider viele ab.

6. Die Techfirmen

Wie eben schon angesprochen: Die Techfirmen machen es einem auch nicht leicht. Nehmen wir die Lieblingsfirma von Forrest Gump. Wie eben beschrieben, um einen verschlüsselten DNS zu konfigurieren, muss man sich mit dem Thema auseinandersetzen. Apple bietet da wenig Unterstützung. Dabei ist die Verwendung eines alternativen DNS, nicht zu reden von einem verschlüsselten alternativen DNS, ein grosser Faktor was Überwachung angeht. Bei Android ist das viel leichter.

Oder nehmen wir Verschlüsselung. S/Mime hätte ein toller Standard werden können. Es ist auch in den meisten Systemen vorhanden. Aber die Nutzung ist schwieriger als sie sein müsste. Als ich damit vor ein paar Jahren rumprobierte, kam mir der Gedanke, die Implementierungen sind auch fehlerhaft.

Auch dass Apple es nicht ermöglicht, einfach im Kontrollzentrum GPS ein- und auszuschalten oder WLAN und Bluetooth vollständig auszuschalten, macht es den Normalos nicht leichter, das Gold des 21. Jahrhunderts sparsam zu verteilen.

Wie oben schon angesprochen, sie führen durch einen Fragenkatalog, die aber auch psychologisch so gestaltet sind, dass man einfach zu allem ‚Ja‘ sagen muss. Hinweis: Schnelles Denken, Langsames Denken von Kahneman erklärt vieles.

Fazit

Die Techfirmen wollen unsere Daten, also machen sie es uns nicht leicht. Die Politik will die Daten auch, also schützt sie die Bürger nicht vor Missbrauch. Nicht nur das, wenn sie Gesetze erlässt, tut sie nichts bis gar nichts, damit der Bürger sie einklagen können. Im Gegenteil, sie verstößt selber dagegen. Das fließt auch in die Schulen und die Erziehung der Kinder ein, die nicht auf diese Situation vorbereitet werden. Weder mit entsprechendem Unterricht noch mit geschulten Personal. All das wird verschlimmert, da es keine datenschutz- und benutzerfreundlichen Systeme Out-of-the-Box gibt, die Gurus eine andere Sprache sprechen und mit dem Fussvolk nichts zu tun haben wollen.

QED

Was können wir also tun?

  1. Gehen wir mit gutem Beispiel voran und schützen uns. Tun wir, was wir sagen.
  2. Die, die wir Interesse haben, schlauen wir uns auf. Bleiben am Ball. Lernen, probieren aus.
  3. Spread the word. Helfen wir den anderen, konfigurieren deren Phones und Rechner. Warum nicht mal eine VM mit Linux zum ausprobieren installieren?
  4. Helfen wir den Kindern und sensibilisieren wir sie.
  5. Schreiben wir Beschwerden an die Datenschützer und unsere Bundestagsvertreter, wenn es Themen gibt.