US Demokraten empfehlen iPhones

Seit ich mich mit dem Thema Datenschutz beschäftige, habe ich eine Regel: So wenige Daten wie möglich über mich hinterlassen. Nicht, weil ich heute keine Werbung will (will ich nicht), sondern weil ich nicht weiss, was in 1, 5 oder 10 Jahren für Gesetze und Moralvorstellungen gelten. Was heute legal ist, ist dann vielleicht illegal. Was heute moralisch als normal angesehen wird, ist in 10 Jahren vielleicht verwerflich. Denken Sie an die Grünen Ende der 80er, als sie darüber nachdachten, Sex mit Teenagern zu legalisieren. Heute ein Unding, damals haben sich die wenigsten aufgeregt.

Ein schönes Beispiel für meine Sorge spielt sich gerade in den USA ab. Die Diskussion über die Abschaffung des Rechts auf Abtreibung (oder besser. Roe vs. Wade).

Als Intro: Die Demokraten stellten den Präsidenten von 2008 bis 2016. In der Zeit haben sie die Überwachung enorm verstärkt. In diese Zeit fiel auch der Snowden Leak. Es ist schon komisch, dass sie jetzt auf einmal kritisch werden.
Doch was befürchten sie?

We are concerned that, in a world in which abortion could be made illegal, Google’s current practice of collecting and retaining extensive records of cell phone location data will allow it to become a tool for far-right extremists looking to crack down on people seeking reproductive health care.“

https://www.independent.co.uk/tech/google-location-tracking-abortion-democrats-b2086761.html

Erstens scheint Google überraschender Weise Lokationsdaten zu sammeln und zu behalten. Bisher schien das in den USA niemanden zu stören (ebenso wie in der EU). Dann schreiben sie, dass diese Daten genutzt werden könnten, natürlich von Rechten, gegen diese Menschen, die reproduktive Gesundheitsfürsorge (sorry) suchen, vorzugehen. Der Staat holt sich also gesammelte Daten und nutzt sie, um ein neues Gesetz umzusetzen. Soso.

Zweitens:

It pointed out that Google stores the location information histories of hundreds of millions of smartphone users that the company also “routinely shares with government agencies.”

https://www.independent.co.uk/tech/google-location-tracking-abortion-democrats-b2086761.html

Unfassbar, aber Google scheint diese Daten „routinely“, also regelmässig und routinemässig mit Regierungsbehörden zu teilen. Wer hätte das gedacht. Eine Tech-Firma als digitales Inkassobüro des Staates. Nett. Wollen wir in Europa ja auch. Facebook etc. entscheiden, was erlaubt ist oder nicht, kein Richter.

Drittens:

The lawmakers argued that Google’s intentional choice “to collect and keep records of its customers’ every movement” is creating a new digital divide in which privacy is a luxury.“

https://www.independent.co.uk/tech/google-location-tracking-abortion-democrats-b2086761.html

Datenschutz ist also ein Luxus, der die Gesellschaft teilt. Ich wünschte, die Deutschen Parteien kämen auch zu diesem Schluss.
Die Schlussfolgerung ist: Da iPhones teuer sind und Android Phones billiger, haben reiche Menschen einen besseren Datenschutz, weil die sich ein iPhone leisten können. Die ärmeren Menschen müssen mit Android und damit mit Überwachung leben. Sie empfehlen jedem, der es sich leisten kann, ein iPhone zu kaufen.

Liebe Demokraten: Auch Apple und jede andere Firma in den USA, z. B. Facebook oder AT&T senden regelmässig eine Menge Daten an die Regierungsbehörden. Edward Snowden hat genau das gezeigt. Apple hat bisher nur noch nicht nachweislich die gesammelten Daten zur Gewinnmaximierung verkauft. Dann zahlt doch mal bessere Löhne, besteuert die Reichen mehr, dann könnt ihr das machen. Man könnte auch überlegen, ein gebrauchtes iPhone zu kaufen.

If abortion is made illegal by the far-right Supreme Court and Republican lawmakers, it is inevitable that right-wing prosecutors will obtain legal warrants to hunt down, prosecute, and jail women for obtaining critical reproductive health care.“

https://www.independent.co.uk/tech/google-location-tracking-abortion-democrats-b2086761.html

Da es wichtig ist, der gesamte Block auf Deutsch:

Wenn der rechtsextreme Oberste Gerichtshof und die republikanischen Gesetzgeber die Abtreibung illegal machen, ist es unvermeidlich, dass rechtsgerichtete Staatsanwälte Haftbefehle erhalten, um Frauen zu jagen, strafrechtlich zu verfolgen und ins Gefängnis zu stecken, weil sie wichtige reproduktive Gesundheitsfürsorge in Anspruch genommen haben.“

https://www.independent.co.uk/tech/google-location-tracking-abortion-democrats-b2086761.html

Liebe Demokraten: Es wäre vermeidlich, wenn Ihr in den acht Jahren Obama nicht die Überwachung verschärft hättet, sondern Datenschutz, egal welchen, aber wenigstens ein bisschen, eingeführt hättet. Vielleicht wäre das auch eine Idee, mal über Eure Demokratie nachzudenken. Ist das wirklich eine Trennung von Legislative, Exekutive und Jurisdiktion? Sieht für mich nicht so aus. Was haltet Ihr von Volksbefragungen? Ach so, braucht Ihr nicht, weil Ihr alle Informationen über alle Bürger schon habt.

Wenn Roe vs Wade gekippt wird, dann werden die ganzen Gruppen auf sozialen Medien wie Facebook, in denen sich Frauen treffen und Hilfe holen, sich beraten, sofort aufgespürt. Die Bundesstaaten werden die persönlichen Daten von Frauen anfordern, die sich über Abtreibung informieren, die anderen helfen, Ärzte und Kliniken empfehlen. Und sie werden diese Gruppen sperren lassen.

Mobildaten von diesen Frauen werden gesammelt und überwacht werden. Auch alte Daten, die bisher gesammelt wurden, werden angefordert werden, auch um herauszufinden, wer schon wo ggf. abgetrieben hat. Oder wer in einen anderen Bundesstaat fährt oder schon gefahren ist. Denkbar ist auch eine Webseite dieser Bundesstaaten, oder rechter Gruppierungen, die darauf Frauen an den digitalen Pranger hängen, dass sie abgetrieben haben. Vielen Rechten ist das zuzutrauen. Schließlich fangen sie jetzt schon an zu diskutieren, ob Verhütung nicht auch verboten werden sollte.