Apple mutiert zur Werbefirma

Apple ist die größte oder zweitgrößte Firma der Welt, am Börsenwert gemessen (Saudi Aramco ist schwer einzuschätzen). Doch Apple versucht auch, aus der Abhängigkeit des iPhones herauszukommen. Schaut man sich die Modelle der letzten Jahre an, dann sieht man weniger revolutionär Neues. Eine ein bisschen bessere Kamera, ein bisschen mehr 5G etc. Aber im Prinzip sind Handys ausentwickelt. Davon abgesehen, wer im Kapitalismus nicht wächst geht unter. Was kann Apple also tun? Nach rechts und links schauen und feststellen, dass die anderen großen Techfirmen Geld, sehr viel Geld, mit Werbung verdienen. Wenn eine Firma Daten über seine Kunden hat, dann Apple. Wie ich schon berichtet habe, sendet Apple alle 255 Sekunden Daten nach Hause. Das war vor zwei Jahren. Ich gehe davon aus, dass das nicht besser geworden ist.

Ich habe früher schon geunkt, dass Apple irgendwann, das digitale Gold, auf dem es sitzt, monetarisieren wird. Wenn die Wirtschaft schlecht läuft oder andere Gründe eintreten, die das Unternehmen dazu bringen könnte, schlechte Finanzzahlen zu berichten und damit die Investoren auf die Palme zu bringen.

Noch verdient Apple das meiste mit Hardwareverkäufen und mehr und mehr mit Dienstleistungen. Aber das reicht nicht. Cash muss reinkommen.

Apple hat die App Tracking Transparency eingeführt, damit Benutzer einstellen können, ob Apps danach fragen dürfen, App-übergreifend zu tracken. 80% der App Anbieter igrnorieren das. Facebook hat es aber wohl getroffen. Apple bietet aber auch eine eigene Werbeschnittstelle an, iadsdk. Diese können Sie nicht einfach so ausschalten.

Apple verkauft schon seit 2016 Werbung in der Apple News App und im App Store. Im Juni hat Apple den Bizeps angespannt und den Werbetreibenden mehr Möglichkeiten geboten, sie zu bezahlen, damit deren Werbung bei Ihnen ankommt. Sie können nun Werbeplätze auf der Einstiegsseite des App Store schalten. Diese sind sehr begehrt, weil man als Nutzer nicht um diese Seite herumkommt.

Um zu sehen, wohin Apple geht, ist es auch immer hilfreich auf deren Jobangebote zu schauen. Im August berichtete digiday, dass Apple eine neue Plattform für die Einnahme von Werbedollars aufbaut. Diese Einschätzung basiert auf den Stellenausschreibungen bei Apple, ist also eher als Indikator denn als Beweis zu sehen.

U.a. bezieht sich digiday auf folgenden Teil der Stellenausschreibung für eine Führungskraft im Werbegeschäft:

… drive the design of the most privacy-forward, sophisticated demand side platform possible“

Our platform runs and delivers advertising auctions to match supply (customers) with demand (advertisers), focusing on technical components including Campaign Management, Bidding, Incrementality, Dynamic Creative Optimization, Matching, Auctions, and Experimentation, while empowering Customer Privacy throughout,”

https://digiday.com/media/apple-is-building-a-demand-side-platform/

Experimentation werden voraussichtlich Psychotests sein, wie sie auch Facebook durchführt.

Doch halt. Geht es nur um den App Store und Apple News oder will Apple auch Apps erlauben, Werbung über Apple’s Plattform anzuzeigen? Wäre doch schade, wenn die werbefinanzierten Apps alle ihr Geld von Google und Facebook bekämen und Apple, als Gatekeeper, nicht auch etwas abbekäme.

Amazon macht ja vor, wie es geht. Amazon Prime bietet mehr und mehr werbegestützte Filme an. Werbung ist alles, was die Ökonomie antreibt, so scheint es. Und das alles nur, weil Sie jeden Tag mindestens 400 Datenpunkte (197 Mrd pro Tag pro EU Bürger) abgeben. Google vertickt diese an bis zu 1058 Firmen, die u.a. auch in Russland und China sitzen.

Wenn wir schon bei Amazon Prime sind: Es gibt Apple TV+, damit muss sich doch Geld verdienen lassen. So ist es. Apple will seine Filme und Inhalte mit Werbung versehen. Laut digiday gibt es auf Senior Management Ebene Gespräche zwischen Apple und den bekannten Werbetreibenden. Ich befürchte, dass nicht nur Apple TV+ sondern direkt auf dem Apple TV Gerät auf allen Ebenen Werbung eingeblendet wird.

Um die Werbeeinnahmen zu erhöhen, wird Apple die Plätze, wie Google und Facebook auch, verauktionieren. Um wiederum damit viel Geld verdienen zu können, müssen Sie die Profile der Nutzer den Werbetreibenden anbieten, damit diese zielgerichtet werben können. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzer auch kauft.

Apple weiss alles über Sie. Haben Sie eine muslimische Bet-App, verwenden Sie Grindr (für Schwule), eine Zyklus-App und geben Ihre Standortdaten her, dass Sie regelmäßig in Swinger-Clubs gehen? Zeigt Ihre Apple-Watch, wie Sie nachts schlafen, wann Sie Sex haben, Sport treiben, sich bewegen, bei welchem Puls? Haben Sie ein Apple TV und senden regelmäßig Daten, wann Sie was sehen? Science Fiction oder Romantikfilme? Ihr Kalender ist in iCloud. Waren Sie beim Gynäkologen, Neurologen oder Psychotherapeuten? Wann ist das Fußballtraining Ihrer Tochter und wann haben Sie eine Sitzung im Verein? Ihre Kontakte sind auch in der iCloud. Wer ist „Schnuckelchen“? Wie heißt Ihr Kardiologe? Wie der Trainer Ihres Sohnes? Welches ist Ihre Krankenversicherung? Wie heißt Ihr Betreuer? Wo waren Sie im Urlaub? Was für Fotos haben Sie wann wo gemacht und in iCloud hochgeladen? Sind da auch andere Frauen als Ihre drauf? Haben Sie heimlich am FKK Strand gefilmt?

Apple kennt Sie besser als jeder andere. Damit lässt sich sehr sehr viel Geld verdienen.

Gehen Sie als Apple Nutzer davon aus, dass Sie Stück für Stück mehr und mehr Werbung sehen werden.

Allein dieses Jahr wird Apple einen Umsatz von mehr als 4 Mrd US$ mit Werbung in den USA machen. Das ist nicht viel, verglichen mit den großen Konkurrenten, aber ein Anfang. Zum Vergleich: Google wird dieses Jahr auf 70 Mrd US$ geschätzt und Facebook auf 55 Mrd US$.

Bei Facebook ist alles umsonst, alles läuft über Daten. Bei Google fast alles. Doch wie will Apple in Zukunft die hohen Preise seiner Hardware erklären, wenn Sie neben diesen noch Werbeeinnahmen generieren. Bisher hat Apple die hohen Preise u.a. mit Sicherheit, mit Datenschutz und keine Werbung erklärt. Mir fehlt der Glaube, dass Apple Preise senken könnte. Wie die abhängige Kundschaft damit umgeht? Ich denke die machen einfach mit, weil Apple ist einfach hipp. Die Alternativen eher noch schlimmer.

Natürlich wird Apple überzeugend erklären, dass das alles datenschutzfreundlich und sicher geschieht. Kaum zu erklären ist aber, dass Tim Cook, der CEO von Apple, noch vor kurzen argumentiert hat, das Geschäftsmodelle, die auf Werbung basieren, niemals privatssphärefreundlich sein können. Er wird erklären, dass es nicht das Geschäftsmodell ist, das ist der Verkauf von Hardware. Ob die Apple-Jünger das glauben werden? Ich denke ja.

Es bleibt auch abzuwarten, was die Behörden dazu sagen. Apple hat ein App Store Monopol und kann damit alles bestimmen. Das hat nichts mit freiem Markt oder Kapitalismus zu tun. Deutsche Wettbewerbshüter haben Apple schon auf dem Schirm. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sich Deutschland mit Apple anlegt.

Damit sind/werden die beiden mit Abstand größten mobilen Plattformen alle Daten Ihrer Nutzer gnadenlos an jeden verkaufen, der bezahlt. Egal ob Russland, China, Saudi-Arabien oder Nordkorea. Egal wie persönlich die Daten sind. Da deutsche Apps, wie z.B. die Corona-Warn-App oder der datenschutzfeindliche DB Navigator, nur auf diesen, für den Otto Normalverbraucher zugänglichen, Geräten verfügbar sind und sein werden, sorgen Regierung und Unternehmen dafür, dass Google und Apple noch größer, noch mächtiger werden, sich noch weniger an Gesetze halten müssen und noch weniger Steuern bezahlen werden. Und so mehr und mehr, wie Kraken, andere Geschäfte und Branchen übernehmen. Das Gegenteil von Kapitalismus, Überwachungskommunismus.