Die nicht so offensichtlichen Sammler, Teil 5

Eigenes Umfeld

Das eigene Umfeld wird zu einem immer grösseren Problem für die eigene Privatsphäre. Ihre Daten werden aus dem Adressbuch Ihrer Familie, Freunde, Kollegen, Vereinsmitglieder hochgeladen, ohne dass Sie das wissen oder verhindern können. Außerdem: Wir sind also schon so weit, dass man seine Privatsphäre nur noch schützen kann, wenn man wegläuft?

Sie können Ihrem Umfeld wahrscheinlich nur schwerlich klar machen, das Ihre Paranoia wohl fundiert ist. Sie haben keine Kontrolle darüber, ob Ihr Freund, die Freundin. der Ehepartner, die Kinder (diese sind es am ehesten, wenn Sie nicht mit Ihnen reden), der Verein, Firmenkollegen oder andere das eigene Adressbuch an WhatsApp, Facebook, Google oder Clubhouse und alle anderen hochladen. Vielleicht wollen Ihnen die Nichten eine Freude zum 50. machen, nehmen ein Haar aus der Haarbürste und senden das bei Ancestry ein. Oder ein Freund stellt ein Foto von einer Party, auf der Sie auch waren, einfach Online. Schon sind Sie im Internet mit Foto und allem was dazu gehört. Diese Fotos landen ggf. bei Clearview AI oder PimEyes und werden Behörden zur Verfügung gestellt oder an andere verkauft. Es gibt unzählige Möglichkeiten, das andere Ihre Daten herausgeben. Seit der Pandemie sage und hoffe ich manchmal: Ihr setzt die Maske auf um mich zu schützen, warum schützt Ihr mich nicht auch digital?

Wenn ich sage: Ich habe Deine Daten nicht in meinem Adressbuch, um Dich zu schützen, und hätte ich sie, würde ich Sie nicht über irgendwelche Server in Amerika synchronisieren, dann bekomme ich oft nur ein mitleidiges Schulterzucken als Antwort. Vielen Menschen ist das egal und sie nehmen an oder erwarten einfach, jedem anderen müsste die Ignoranz der Privatsphäre auch der oberste Wert sein.

Hey, es gibt eine neue App die sieht toll aus, ist mir doch egal ob ich Deine Daten hochlade, wenn ich Spass haben will.

Wenn ich zu einem Freund gehe, bitte ich ihn immer, Alexa vom Strom zu trennen. Ich war schon lange nicht mehr da. 

Sie können so viel versuchen wie Sie wollen, wenn Ihre Familie und Freunde kein Verständnis haben, sind viele Ihrer Aktionen, um so tief wie möglich digital unterzutauchen, für die Katz. Ich stelle sicher, dass niemand ein angeschlossenes Alexa oder Google Home hat, wenn ich da bin. Ich versuche alles um nicht auf Fotos zu sein, egal wann und wo. Mein Vereins findet das komisch, dass ich weder meine private Emailadresse noch mein Foto auf der Homepage publiziert haben will. Selbst meine echten Emailadressen gebe ich nur noch selten heraus. Es gibt bei mir keinen Gastzugang zum WLAN. Mein WLAN für Gäste ist ein anderes als meines und durch einen VPN (dazu später mehr) geschützt. Ich tue was mir möglich ist. 

Das bringt mich zum nächsten Punkt der sog. Kleinigkeiten. 

Internet of things etc.

Es ist so wunderbar, dass ich zu Hause meine Beleuchtung so steuern kann, dass die Lichter in den Zimmern angehen, die ich betrete und ausgehen, wenn ich das Zimmer verlasse. Dass meine Musik immer in dem Zimmer spielt, das ich gerade betrete und leiser wird, wenn ich das Zimmer verlasse. Ein Traum. Nur warum ich dafür eine Internetverbindung benötige erschliesst sich mir nicht. Nehmen wir als Beispiel die Logitech Harmony Hub. Ein wunderbares kleines Gerät. Eine Fernbedienung für alle elektronischen Wunder. Hifi-Anlage, Fernseher, alles lässt sich darüber steuern. Ich hatte keine Probleme mit den zig Fernbedienungen, aber meine Partnerin. Also musste die Harmony her.
Sie können das alles über ein zusätzliches Gerät oder über eine App auf Ihrem Smartphone oder Tablet steuern. Genial. Leider nur, wenn Sie das alles mit dem Internet verbunden haben. Sie benötigen einen Account bei Logitech um deren Geräte zu steuern. Ohne Internet? Nutzlos. Jeder Kanalwechsel am Fernseher, jedes Lichteinschalten über die App landet bei Logitech und sammelt so Ihre Daten. Sie bezahlen also zweimal.

So ist es bei vielen anderen Geräten auch. WebCams und Kameras, die das Haus oder die Wohnung überwachen, andere IoT (Internet of Things)-Geräte funken fast immer nach Hause, sind oft nicht sicher, können also gehackt werden und Sie so überwachen. Außerdem werden sie auch gerne für Botnetze verwendet um so digitale kriminelle Handlungen vorzunehmen. Es gibt Webseiten im Internet, die Kameras überall auf der Welt zeigen, die gerade aktiv und ungeschützt sind. Schauen Sie dem Teenager in den USA beim Umziehen zu, einem Rentner in Japan beim Fernsehen oder was Ihnen gerade Spass bereitet. Hauptsache das Gerät war billig.

Auch die neuesten Saugroboter bieten tolle Möglichkeiten. Sie filmen und scannen die gesamte Wohnung samt Inventar und können so sehr genaue Grundrisse erstellen. Außerdem erkennen sie, welche Möbel Sie haben, wie gross die Wohnung ist, wo das Bett steht, uvm. Mit KI (künstliche Intelligenz) Bilderkennung kann mit diesen Daten sehr viel angestellt werden. Warum diese Geräte einen Internetzugang benötigen erschliesst sich mir nicht. Und nicht alle, wie die Tests zeigen, kommunizieren „vernünftig“ mit der Aussenwelt. Auch hier lauert eine massive Gefahr für die Privatsphäre. Warum filmen Sie Ihre Wohnung nicht selber und stellen diesen Film auf Facebook oder Instagram. Am besten noch mit dem Link auf Google Street View. Achse, ich vergass, viele machen das auch ohne Saugroboter. 

Mittlerweile sehe ich immer mehr Drohnen in der Luft. Das beunruhigt mich. Als die ersten passablen Drohnen auf dem Markt waren, hatte ich auch eine. Es war toll. Keine Frage. Aber dann hat die Regierung die Nutzung massiv eingeschränkt und ich habe meine verkauft. Doch es gibt noch sehr viele und es werden immer mehr. Sie werden günstiger und sehr viel leistungsfähiger. Doch die wenigsten halten sich an die rechtlichen Vorgaben. Ich sehe Drohnen über Wohngebieten, Freibädern und auch über einem FKK Strand fliegen. Mit einer 4k Kamera ist das nicht so schlecht. Ich möchte keine vor meinem Badezimmer sehen. Ok, ich bin jetzt das erste Mal glücklich ein Badezimmer ohne Fenster zu haben, zum Leidwesen von … Und wie wehren Sie sich dagegen? Sie sehen den Piloten womöglich nicht, wissen nicht wo sie herkommt, können nicht schnell genug hinterher laufen… Abschiessen? Einfangen? Abschiessen ist in Deutschland nach einem Richterspruch aus Sachsen erlaubt. Naja, eingeschränkt. Aber dennoch. Aber nicht jeder hat gerade ein Gewehr zur Hand.

Ein Freischussschein ist das Urteil aber nicht: Generell solle man eine Flucht in Betracht ziehen.

Wir sind also schon so weit, dass man sich nur noch schützen kann, wenn man wegläuft? Ich verstehe das nicht. Ich habe ein Recht an meinem Bild. Dachte ich mal.

Wenn die Drohne in der Nähe Ihres Pools, Gartens oder Badezimmerfensters ist, versuchen Sie es mit Wasser. Der Grund ist relativ einfach: Wenn Sie so nah ist, dass ein Eimer Wasser oder ein Gartenschlauch in der Lage sind, die Drohne vom Himmel zu holen, war sie zu nah. Wenn Sie sie über 500m mit einem Gewehr abschiessen, dann könnte das ein Problem sein. Ich war vor Jahren in einem Hotel mit einem sehr hohen Anspruch an die Privatsphäre ihrer Gäste. An beiden Eingängen zum Privatstrand standen Schilder: Drohnen verboten. Und doch flog eine Drohne über den Strand. Vermutlich dachte der Pilot heikle Bilder von Stars machen zu können. Die Drohne startete ein junger Mann ausserhalb des Geländes. Er dachte er, sei damit auf der sicheren Seite. Das ist das Schlimme bei einer Drohne. Man sieht möglicherweise nicht, woher sie kommt, wer sie steuert und ob sie überhaupt jemand steuert.  In Deutschland würde es dann wohl heissen: Fliehe, gehe in ein billigeres Hotel, gehe nicht an den Strand, bleib im Zimmer oder vergiss die Privatsphäre, Daten sind das neue Öl.

In diesem Hotel gab es Gäste, die ganz offensichtlich noch mehr Privatsphäre als ich wollten. Wer immer diese waren, sie liefen zur Security und ruckzuck war der Standort des Piloten ausgemacht. Er berief sich darauf, dass er nicht auf dem Hotelgelände war und dass der Luftraum frei sei. Die Security versuchte ihm zu erklären, dass das nicht so war. Das Hotel lag 15 km vom Flughafen entfernt und es gab ein Gesetz, dass Drohnen innerhalb von 10 km vom Flughafen nicht erlaubt waren. Der Umkreis wurde sehr grosszügig für dieses Hotel erweitert (wie gesagt, eines für Menschen mit einem hohen Wunsch an die Privatsphäre, da kann man mal gesetzliche Ausnahmen machen) und die 15 km waren wahrscheinlich Fahrtstrecke. Doch das Recht war auf der Seite des Hotels. Er liess sich nicht überzeugen. Die Polizei wurde gerufen und die Security des Hotels kam mit einem Gewehr zurück. Sie erklärten dem Piloten sehr deutlich, dass sie das Gerät vom Himmel holen würden. Erst jetzt hatte der Pilot ein einsehen. Möglicherweise verstand er die Security nicht richtig und hatte Angst um sein Leben. Unter lautem Beschweren holte er die Drohne zurück und packte sie ein. Doch die Bilder auf dem Handy oder der SD Karte in der Drohne musste er nicht löschen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Brad Pitt und Angelina Jolie und treffen sich wieder, wollen das aber geheim halten. Wer weiss was passiert, wie sich das entwickelt. Sie suchen sich ein schönes, privates Hotel fernab der Zivilisation aus. Und dann fliegt eine Drohne über sie und streamt das live ins Internet. Keine Privatsphäre. Auch solche Menschen haben eine Recht darauf.

Doch für mich den Vogel schiesst die smarte Toilette ab. Mit Anus-Erkennung und Fäkalanalyse. Der Urin und ggf. sogar der Kot sollen analysiert werden. Damit könnten Krankheiten sehr früh und ohne Gang zum Arzt erkannt werden. Blut im Stuhl, Griesel im Urin und zack, haben Sie einen Termin beim Arzt. Die Daten werden aber nicht im Computer der Toilette ausgewertet, sie landen irgendwo bei Google, Facebook oder anderen, bei denen Sie keinerlei Kontrolle haben, was damit passiert. Sind das persönliche Daten, die der DSGVO unterliegen? Gibt es nicht ein Supergrundrecht für andere Ihre Gesundheit zu kennen? Und machen wir uns nichts vor: Wir stehen erst am Anfang der Digitalisierung. Und das wird kommen. 

Ich verstehe nicht, wozu ich einen Internet-verbundenen Toaster benötige, warum mein Kühlschrank einen HighSpeed Internet Zugang voraussetzt, ich ohne Online-Konto nicht das Fernsehprogramm wechseln kann und was nicht noch alles kommt. In Schulen werden Klassenbücher digital geführt. Der Mehrwert erschliesst sich mir nicht. Vieles ist bequem, einfach und nett. Liefert das für mein Leben einen echten Mehrwert? Oder macht es mich nur noch bequemer? Der Preis dafür ist mir zu hoch. Ich habe alle meine wenigen Geräte in einem separaten WiFi Heimnetzwerk, dass nicht mit dem Internet verbunden ist. Geräte, die dann nicht mehr funktionieren, schmeisse ich raus oder gebe sie zurück. Ich brauche kein Internet, wenn ich mit dem Smartphone das Licht in der Küche anschalten will. Und es geht auch niemanden etwas an, wann ich das tue, wie lange das Licht an ist und von welchem Smartphone in welcher Entfernung das geschieht. Und schon gar nicht was meinen Urin oder die Marke meiner Möbel angeht oder welche Schlösser die Tür haben. 

Zum Schluss:

Es gibt mittlerweile eine Verpflichtung, smarte, sprich digitale, Stromzähler zu verwenden.
Auf Ihre Kosten.

Jeder bekommt einen digitalen Stromzähler. Diese sind teurer als die bisherigen – bis zu 90 Euro im Jahr. Wehren kannst Du Dich dagegen nicht.

Ich gehe hier nicht weiter drauf ein und verweise an das sensationell gute Buch von Marc Eisberg, Blackout.

Update 8.3.2021: Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat am 4.3.2021 entschieden, dass vorläufig die Pflicht zum Einbau von intelligenten Stromzählern vorläufig aufgehoben ist. 

Das war es mit der Tour durch die „anderen“ Datensammler. Wenden wir uns den Geräten zu, Mobiltelefon und Rechner.